Sitzung: 28.01.2021 Stadtrat
Für die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN spricht Fraktionsvorsitzende Ruth
Haag.
„Sehr geehrter
Herr Bürgermeister, liebe Stadtratskolleginnen und -kollegen,
es freut mich
sehr, dass ich für meine Fraktion Stellung zum eingebrachten Haushalt nehmen
darf. Dass dies so ist, verdanken wir den Wählerinnen und Wählern, die uns im
vergangenen Jahr Vertrauen entgegengebracht und uns ihre Stimme gaben. Dank
gilt auch besonders der Kämmerin Frau Christina Herrmann, Geschäftsführer
Matthias Hanakam und Bürgermeister Thomas Stamm. Wir erleben sehr gut
vorbereitete, mit Herz für die Stadt agierende Personen, die einen konstruktiv
kritischen Austausch zulassen und einfordern.
Auch erleben wir
im Stadtrat selber den Beginn eines neuen politischen Miteinanders. Dies ist in
mancherlei Hinsicht sicher ausbaufähig. Doch zeigt sich, dass der gegenseitige
Wille zum Zuhören und zum Austausch von Argumenten wächst und somit
Entscheidungen auf sachlicher Grundlage getroffen werden können.
Das kommende
Haushaltsjahr ist aus bekannten Gründen schwer planbar. Wie verhalten wir uns
alle in dieser verschärften Situation? Trotz aller Fragezeichen müssen
Zukunftsaufgaben angegangen werden, Stillstand darf es nicht geben. Deshalb
steht unsere Haushaltsrede unter dem Titel: Nachhaltigkeit und Innovation
Wie schon bisher
in unserer Stadtratsarbeit sichtbar, treten wir weiter intensiv für das
weitgefächerte Thema Klima- und Umweltschutz ein. Dies ist den nachfolgenden
Inhalten unserer Haushaltsrede zu entnehmen. Die beschlossene Freiflächengestaltungssatzung
ist der Beginn eines aktiven Umdenkens zur Gestaltung von Flächen in
Marktheidenfeld. Diese muss konzeptionell ausgerichtet und konsequent umgesetzt
werden. Diese Satzung kann die Gestaltung von Grün- und Freiflächen
vorausschauend als grünes Netzwerk in Marktheidenfeld entwickeln und sichern.
So wird eine „grüne Infrastruktur“ die Anpassung an den Klimawandel und die
Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger entscheidend gefördert.
Die Schaffung
einer Stelle für einen Raum- und Umweltplaner hat für uns nach wie vor hohe
Priorität. Wegen der unsicheren Haushaltslage erscheint uns dies im Moment
nicht umsetzbar. Umso mehr spielt für uns die Arbeit des Umweltbeirates eine
wichtige Rolle.
Die
Wasserversorgung Marktheidenfelds mit eigenen Brunnen muss gewährleistet sein.
Dies scheint im Moment problematisch. Dazu müssen wir uns auf die gezielte
Suche nach neuen Brunnenstandorten begeben. Wie elementar wichtig Wasser als
Lebensgrundlage ist, zeigen die Anfragen Marktheidenfelder Schülerinnen und
Schüler, nach Wasserspendern an ihrer Schule. Somit stellen wir den Antrag –
wenn die Schulen dies wollen – Wasserspender anzuschaffen.
Essentiell
erscheint uns die Erarbeitung und zeitnahe Umsetzung eines Radwegekonzepts. Das
Radwegenetz innerhalb Marktheidenfelds unter Einbezug der Stadtteile -
insbesondere Altfeld - bildet einen maßgeblichen Beitrag zu mehr Klimaschutz. Zusätzlich
zu einem Beitrag zum Klimaschutz bedeutet dies für uns jedoch auch, dass die
Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger maßgeblich erhöht wird. So können wir zum
Beispiel bisher froh sein, dass auf dem Schulweg unserer Kinder – egal zu
welcher Schule Marktheidenfelds – noch kein größerer Unfall passiert ist. Schon
viele Gruppen in der Stadt beschäftigten sich mit dem Thema Radwegenetz, z. B
Schulen, Kirchen, die Grünen und viele mehr. Auf dieses Know-How kann
zurückgegriffen werden. Wir fordern daher geeignete Maßnahmen (z. B. eine
Projektgruppe unter der Federführung der Stadt Marktheidenfeld), um ein
sinnvolles Radwegenetz umzusetzen. Wir beantragen die Einstellung von 25 000 €
in den Haushalt, um die Konzeptionierung professionell anzugehen.
Dem kommenden
Haushalt ist zu entnehmen, dass mehrere Straßensanierungen anstehen. Hierbei
wollen wir den Blick auf das Thema Lichtverschmutzung lenken. Natürlich ist
eine Beleuchtung von Straßen oder von Fußwegen notwendig. Trotzdem müssen in
diesem Zusammenhang immer wieder die Fragen gestellt werden: Wie ist eine
geringstmögliche Belastung von Menschen, Tieren und Pflanzen möglich? Aspekte
der Lichtfarbe, der Richtung und Höhe und der Dimensionierung von Lichtmenge
müssen im Vorfeld analysiert werden. Eine Auseinandersetzung im Vorfeld von
baulichen Maßnahmen ist von großer Bedeutung. Hierzu bedarf es wie in so vielen
Entscheidungen die Änderung des Blickwinkels und die Frage nach dem möglichen
Machbaren und nicht die bequeme Haltung: Das war schon immer so. Diese Haltung
fordert die Auseinandersetzung der Stadt mit modernen Beleuchtungskonzepten bei
zukünftigen Planungen.
Abschließend zum
Thema Klimaschutz in Marktheidenfeld weisen wir auf ein 2013 erstelltes
hervorragendes Klimaschutzkonzept mit Maßnahmenkatalog hin. Dies ist auf der
Homepage veröffentlicht. Es gilt nicht immer ein Rad neu zu erfinden. Es geht
darum gute Ideen umzusetzen. Werden aufgrund des Klimakonzeptes in Zukunft
vermehrt Entscheidungen in Marktheidenfeld getroffen, leisten wir einen großen
Beitrag zum Thema Klimaschutz in Marktheidenfeld.
Ausdrücklich
bedanken möchten wir uns bei unseren Stadtratskolleginnen und Kollegen für die
Zustimmung zur Installation von Stolpersteinen in Marktheidenfeld. Für die
Umsetzung beantragen wir eine Summe von 4000 € in den Haushalt einzustellen.
In meiner
Haushaltsrede möchte ich Sie nun mitnehmen zu unseren Gedanken zum Thema „Schaffung
von Wohnraum“. Will Marktheidenfeld und seine Ortsteile ein attraktiver
Standort besonders für Familien und Firmen bleiben, dann stellt sich die Frage
nach bezahlbarem Wohnraum. In den vergangenen Jahrzehnten wurden hierfür
Wohngebiete erschlossen und von der Bevölkerung dankend angenommen. Mögliche Erschließungen
von Baugebieten in den Ortsteilen wurden in die Wege geleitet. Weiter muss der
Blick dahin gelenkt werden, wie eine Nachverdichtung innerhalb der Stadt und
ihren Ortsteilen möglich sein kann. Es bedarf hier einer intensiven
Auseinandersetzung mit möglichen Förderprogrammen. Was kann die Kernstadt noch
bieten? Keine Option für eine Wohnbebauung ist für uns das ökologisch wertvolle
Gebiet „Lutzenpfad“ (oberhalb des neuen Friedhofs).
Vielmehr lenken
wir den Blick auf den Mainberg. Nicht überhastet, aber mit einem klaren Konzept
besteht die Möglichkeit, hier ein Wohngebiet unter nachhaltigen und
gleichzeitig innovativen Gesichtspunkten anzudenken. Wir Grüne setzen dabei auf
ressourcenschonenden und energieeffizienten Neubau, der im Rahmen
wirtschaftlicher Rentabilität gelebte Nachhaltigkeit ist. Auch hier muss das
Rad nicht neu erfunden werden.
Hierfür liegen
schon anderenorts hervorragende Ideen und Konzepte vor: Fragen nach der technischen
Qualität, der Ökobilanz, nach der ökonomischen Qualität müssen im Zusammenspiel
betrachtet und bewertet werden. Diese Faktoren müssen in einem Bebauungsplan
für solch ein Gebiet gespiegelt werden. Die Anbindung an die Westtangente kann
für den Autoverkehr genutzt werden. Fußgänger und Radfahrer erreichen die
Kernstadt unproblematisch über den alten Streckenabschnitt der ehemaligen B 8
und die alte Mainbrücke.
Als vorletzten
Punkt möchten wir den Blick auf die Themen Mainufergestaltung und Stadtentwicklung
lenken. Gute Ansätze wurden gestartet. Natürlich erschwert Corona die
Auseinandersetzung hierüber. Es scheint uns jedoch unerlässlich diese Themen in
diesem Jahr wieder in den Blick zu nehmen und konsequent Entscheidungen
einzufordern. Diese dürfen nicht mit dem Argument verschoben werden, dass eine
heutige Festlegung nicht mehr zu einer Entscheidung in 5 Jahren passen könnte.
Durch solche Argumentation wird jede Entwicklung und Innovation außer Kraft gesetzt.
Entscheidungen können hier auch wehtun. Es ist jedoch alles besser als
abzuwarten und immer weiter in die Zukunft zu verschieben. Wir fordern, dass
Beschlussfassungen unter Einbezug von Expertenwissen und dem ISEK-Programm
zeitnah getroffen werden.
Abschließend
wenden wir uns dem Thema Digitalisierung zu. Die digitale Welt verändert alle
unsere Lebensbereiche. Dies erfährt aktuell jeder. Wir erleben jedoch auch,
dass der digitale Umbruch in Deutschland vielerorts lahmt. Dies können wir
durch Ideen in unserer Haushaltsrede nicht verändern. Um eine Vorreiterrolle in
Marktheidenfeld einzunehmen fordern wir jedoch in mehreren Bereichen die
digitale Kompetenz unserer Bürgerinnen und Bürger zu nutzen: Wir brauchen einen
digitalen Startschuss in Form von Videokonferenzen für die installierten Beiräte.
Im Moment verstreicht zu viel gute Zeit ohne Austausch und Innovation. Wir
wollen einen zeitgemäßen Informationsfluss, der auf die Möglichkeit der Nutzung
von digitalen Medien zurückgreift. Konkret sprechen wir uns für eine
Marktheidenfeld-App aus, die über Prozesse der Stadt berichtet, jedoch auch schnell
und zeitnah über Ereignisse und Veränderungen informieren kann (z. B. Schließung
von Straßen wegen Baumaßnahmen, lokal Wissenswertes zum Thema Corona, sich
verändernde Öffnungszeiten von z. B. der Deponie).
Des Weiteren
sprechen wir uns dafür aus, Möglichkeiten zu schaffen – dies nicht nur in
Coronazeiten – die öffentlichen Stadtratssitzungen per Livestream in die Häuser
Marktheidenfelds zu übertragen. Die immer wieder gewünschte größere Bürgerbeteiligung,
das Wecken von Interesse an politischen Prozessen, der barrierefreie
Informationsfluss scheint uns so unter der Aufwendung von relativ geringen
Kosten für die Bürgerinnen und Bürger Marktheidenfelds und ihrer Stadtteile
ortsungebunden möglich. Was für eine Chance! Für die Digitalisierung des
Informationsflusses beantragen wir 50.000 € in den Haushalt einzustellen.
Wir freuen uns auf
eine sachbezogene, wertschätzende Kooperation mit allen Stadtratsmitgliedern
und dem Bürgermeister zum Wohle der Stadt Marktheidenfeld. Vielen Dank.