Für die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN spricht Fraktionsvorsitzende Ruth Haag.

 

„Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Stadtratskolleginnen und -kollegen,

 

es freut mich sehr, dass ich für meine Fraktion Stellung zum eingebrachten Haushalt nehmen darf. Dass dies so ist, verdanken wir den Wählerinnen und Wählern, die uns im vergangenen Jahr Vertrauen entgegengebracht und uns ihre Stimme gaben. Dank gilt auch besonders der Kämmerin Frau Christina Herrmann, Geschäftsführer Matthias Hanakam und Bürgermeister Thomas Stamm. Wir erleben sehr gut vorbereitete, mit Herz für die Stadt agierende Personen, die einen konstruktiv kritischen Austausch zulassen und einfordern.

 

Auch erleben wir im Stadtrat selber den Beginn eines neuen politischen Miteinanders. Dies ist in mancherlei Hinsicht sicher ausbaufähig. Doch zeigt sich, dass der gegenseitige Wille zum Zuhören und zum Austausch von Argumenten wächst und somit Entscheidungen auf sachlicher Grundlage getroffen werden können.

 

Das kommende Haushaltsjahr ist aus bekannten Gründen schwer planbar. Wie verhalten wir uns alle in dieser verschärften Situation? Trotz aller Fragezeichen müssen Zukunftsaufgaben angegangen werden, Stillstand darf es nicht geben. Deshalb steht unsere Haushaltsrede unter dem Titel: Nachhaltigkeit und Innovation

 

Wie schon bisher in unserer Stadtratsarbeit sichtbar, treten wir weiter intensiv für das weitgefächerte Thema Klima- und Umweltschutz ein. Dies ist den nachfolgenden Inhalten unserer Haushaltsrede zu entnehmen. Die beschlossene Freiflächengestaltungssatzung ist der Beginn eines aktiven Umdenkens zur Gestaltung von Flächen in Marktheidenfeld. Diese muss konzeptionell ausgerichtet und konsequent umgesetzt werden. Diese Satzung kann die Gestaltung von Grün- und Freiflächen vorausschauend als grünes Netzwerk in Marktheidenfeld entwickeln und sichern. So wird eine „grüne Infrastruktur“ die Anpassung an den Klimawandel und die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger entscheidend gefördert.

 

Die Schaffung einer Stelle für einen Raum- und Umweltplaner hat für uns nach wie vor hohe Priorität. Wegen der unsicheren Haushaltslage erscheint uns dies im Moment nicht umsetzbar. Umso mehr spielt für uns die Arbeit des Umweltbeirates eine wichtige Rolle.

 

Die Wasserversorgung Marktheidenfelds mit eigenen Brunnen muss gewährleistet sein. Dies scheint im Moment problematisch. Dazu müssen wir uns auf die gezielte Suche nach neuen Brunnenstandorten begeben. Wie elementar wichtig Wasser als Lebensgrundlage ist, zeigen die Anfragen Marktheidenfelder Schülerinnen und Schüler, nach Wasserspendern an ihrer Schule. Somit stellen wir den Antrag – wenn die Schulen dies wollen – Wasserspender anzuschaffen.

 

Essentiell erscheint uns die Erarbeitung und zeitnahe Umsetzung eines Radwegekonzepts. Das Radwegenetz innerhalb Marktheidenfelds unter Einbezug der Stadtteile - insbesondere Altfeld - bildet einen maßgeblichen Beitrag zu mehr Klimaschutz. Zusätzlich zu einem Beitrag zum Klimaschutz bedeutet dies für uns jedoch auch, dass die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger maßgeblich erhöht wird. So können wir zum Beispiel bisher froh sein, dass auf dem Schulweg unserer Kinder – egal zu welcher Schule Marktheidenfelds – noch kein größerer Unfall passiert ist. Schon viele Gruppen in der Stadt beschäftigten sich mit dem Thema Radwegenetz, z. B Schulen, Kirchen, die Grünen und viele mehr. Auf dieses Know-How kann zurückgegriffen werden. Wir fordern daher geeignete Maßnahmen (z. B. eine Projektgruppe unter der Federführung der Stadt Marktheidenfeld), um ein sinnvolles Radwegenetz umzusetzen. Wir beantragen die Einstellung von 25 000 € in den Haushalt, um die Konzeptionierung professionell anzugehen.

 

Dem kommenden Haushalt ist zu entnehmen, dass mehrere Straßensanierungen anstehen. Hierbei wollen wir den Blick auf das Thema Lichtverschmutzung lenken. Natürlich ist eine Beleuchtung von Straßen oder von Fußwegen notwendig. Trotzdem müssen in diesem Zusammenhang immer wieder die Fragen gestellt werden: Wie ist eine geringstmögliche Belastung von Menschen, Tieren und Pflanzen möglich? Aspekte der Lichtfarbe, der Richtung und Höhe und der Dimensionierung von Lichtmenge müssen im Vorfeld analysiert werden. Eine Auseinandersetzung im Vorfeld von baulichen Maßnahmen ist von großer Bedeutung. Hierzu bedarf es wie in so vielen Entscheidungen die Änderung des Blickwinkels und die Frage nach dem möglichen Machbaren und nicht die bequeme Haltung: Das war schon immer so. Diese Haltung fordert die Auseinandersetzung der Stadt mit modernen Beleuchtungskonzepten bei zukünftigen Planungen.

 

Abschließend zum Thema Klimaschutz in Marktheidenfeld weisen wir auf ein 2013 erstelltes hervorragendes Klimaschutzkonzept mit Maßnahmenkatalog hin. Dies ist auf der Homepage veröffentlicht. Es gilt nicht immer ein Rad neu zu erfinden. Es geht darum gute Ideen umzusetzen. Werden aufgrund des Klimakonzeptes in Zukunft vermehrt Entscheidungen in Marktheidenfeld getroffen, leisten wir einen großen Beitrag zum Thema Klimaschutz in Marktheidenfeld.

 

Ausdrücklich bedanken möchten wir uns bei unseren Stadtratskolleginnen und Kollegen für die Zustimmung zur Installation von Stolpersteinen in Marktheidenfeld. Für die Umsetzung beantragen wir eine Summe von 4000 € in den Haushalt einzustellen.

 

In meiner Haushaltsrede möchte ich Sie nun mitnehmen zu unseren Gedanken zum Thema „Schaffung von Wohnraum“. Will Marktheidenfeld und seine Ortsteile ein attraktiver Standort besonders für Familien und Firmen bleiben, dann stellt sich die Frage nach bezahlbarem Wohnraum. In den vergangenen Jahrzehnten wurden hierfür Wohngebiete erschlossen und von der Bevölkerung dankend angenommen. Mögliche Erschließungen von Baugebieten in den Ortsteilen wurden in die Wege geleitet. Weiter muss der Blick dahin gelenkt werden, wie eine Nachverdichtung innerhalb der Stadt und ihren Ortsteilen möglich sein kann. Es bedarf hier einer intensiven Auseinandersetzung mit möglichen Förderprogrammen. Was kann die Kernstadt noch bieten? Keine Option für eine Wohnbebauung ist für uns das ökologisch wertvolle Gebiet „Lutzenpfad“ (oberhalb des neuen Friedhofs).

 

Vielmehr lenken wir den Blick auf den Mainberg. Nicht überhastet, aber mit einem klaren Konzept besteht die Möglichkeit, hier ein Wohngebiet unter nachhaltigen und gleichzeitig innovativen Gesichtspunkten anzudenken. Wir Grüne setzen dabei auf ressourcenschonenden und energieeffizienten Neubau, der im Rahmen wirtschaftlicher Rentabilität gelebte Nachhaltigkeit ist. Auch hier muss das Rad nicht neu erfunden werden.

 

Hierfür liegen schon anderenorts hervorragende Ideen und Konzepte vor: Fragen nach der technischen Qualität, der Ökobilanz, nach der ökonomischen Qualität müssen im Zusammenspiel betrachtet und bewertet werden. Diese Faktoren müssen in einem Bebauungsplan für solch ein Gebiet gespiegelt werden. Die Anbindung an die Westtangente kann für den Autoverkehr genutzt werden. Fußgänger und Radfahrer erreichen die Kernstadt unproblematisch über den alten Streckenabschnitt der ehemaligen B 8 und die alte Mainbrücke.

 

Als vorletzten Punkt möchten wir den Blick auf die Themen Mainufergestaltung und Stadtentwicklung lenken. Gute Ansätze wurden gestartet. Natürlich erschwert Corona die Auseinandersetzung hierüber. Es scheint uns jedoch unerlässlich diese Themen in diesem Jahr wieder in den Blick zu nehmen und konsequent Entscheidungen einzufordern. Diese dürfen nicht mit dem Argument verschoben werden, dass eine heutige Festlegung nicht mehr zu einer Entscheidung in 5 Jahren passen könnte. Durch solche Argumentation wird jede Entwicklung und Innovation außer Kraft gesetzt. Entscheidungen können hier auch wehtun. Es ist jedoch alles besser als abzuwarten und immer weiter in die Zukunft zu verschieben. Wir fordern, dass Beschlussfassungen unter Einbezug von Expertenwissen und dem ISEK-Programm zeitnah getroffen werden.

 

Abschließend wenden wir uns dem Thema Digitalisierung zu. Die digitale Welt verändert alle unsere Lebensbereiche. Dies erfährt aktuell jeder. Wir erleben jedoch auch, dass der digitale Umbruch in Deutschland vielerorts lahmt. Dies können wir durch Ideen in unserer Haushaltsrede nicht verändern. Um eine Vorreiterrolle in Marktheidenfeld einzunehmen fordern wir jedoch in mehreren Bereichen die digitale Kompetenz unserer Bürgerinnen und Bürger zu nutzen: Wir brauchen einen digitalen Startschuss in Form von Videokonferenzen für die installierten Beiräte. Im Moment verstreicht zu viel gute Zeit ohne Austausch und Innovation. Wir wollen einen zeitgemäßen Informationsfluss, der auf die Möglichkeit der Nutzung von digitalen Medien zurückgreift. Konkret sprechen wir uns für eine Marktheidenfeld-App aus, die über Prozesse der Stadt berichtet, jedoch auch schnell und zeitnah über Ereignisse und Veränderungen informieren kann (z. B. Schließung von Straßen wegen Baumaßnahmen, lokal Wissenswertes zum Thema Corona, sich verändernde Öffnungszeiten von z. B. der Deponie).

 

Des Weiteren sprechen wir uns dafür aus, Möglichkeiten zu schaffen – dies nicht nur in Coronazeiten – die öffentlichen Stadtratssitzungen per Livestream in die Häuser Marktheidenfelds zu übertragen. Die immer wieder gewünschte größere Bürgerbeteiligung, das Wecken von Interesse an politischen Prozessen, der barrierefreie Informationsfluss scheint uns so unter der Aufwendung von relativ geringen Kosten für die Bürgerinnen und Bürger Marktheidenfelds und ihrer Stadtteile ortsungebunden möglich. Was für eine Chance! Für die Digitalisierung des Informationsflusses beantragen wir 50.000 € in den Haushalt einzustellen.

 

Wir freuen uns auf eine sachbezogene, wertschätzende Kooperation mit allen Stadtratsmitgliedern und dem Bürgermeister zum Wohle der Stadt Marktheidenfeld. Vielen Dank.