Das Thema wurde im
Stadtrat am 10.12.2020 und 26.01.2021 behandelt.
Die weitere
Vorgehensweise wird im Stadtrat beraten.
Erster
Bürgermeister Stamm erinnert daran, dass eine Teilnahme des Klinikreferenten an
der Stadtratssitzung am 26.01.2021 leider nicht möglich gewesen sei. Die
Fraktionen seien daraufhin übereingenommen, eine gemeinsame Resolution an den
Landkreis und die Klinikleitung zu erarbeiten. Der Vorsitzende verliest den
Wortlaut und hält abschließend fest, dass die Fraktionsvorsitzenden nach
Sitzungsende die Resolution unterzeichnen werden. Ein Abdruck wird als Anlage 1
zum Protokoll genommen.
Daneben ist noch über
den aktualisierten Antrag der Freie-Wähler-Fraktion vom 05.02.2021 zum Erhalt
der Patientenbibliothek zu entscheiden.
Stadtrat Seidel
verliest und begründet die Resolution der Freien Wähler zum Erhalt der
Patientenbibliothek:
„Der Stadtrat von
Marktheidenfeld spricht sich dafür aus, die Patienten(Bewohner)bibliothek des
Klinikums Main-Spessart am Standort Marktheidenfeld zu erhalten. Er fordert die
Klinikleitung dazu auf, die Schließung unverzüglich zurückzunehmen und
stattdessen diese Einrichtung mit den ehrenamtlich Engagierten zum Wohle von
PatientInnen, BewohnerInnen und MitarbeiterInnen weiterzuentwickeln.
Sachstand und
Begründung:
Im Rahmen der
Veränderungen am Klinikstandort Marktheidenfeld wurde die Patientenbibliothek
in ihrer bisherigen Form geschlossen. Die Klinikleitung führte als Begründung
an, dies sei „nicht mehr zeitgemäß und notwendig“. Stattdessen wollte man ab
Januar 2021 in Eigenregie die Bewohner der Senioreneinrichtung sowie die
geriatrisch-rehabilitativen Patienten mit einem „neuen Konzept mit Lesestoff
und Unterhaltung zeitgemäß versorgen“.
Das dafür
entwickelte „Marktheidenfelder Modell“ sieht u. a. vor, dass Bücher in
Bücherschränke gestellt werden sollen, an denen sich die Patienten selbst
bedienen können. Diese Bücher werden dann allerdings nicht mehr zurückgegeben,
sondern verbleiben dauerhaft bei den Patienten. Dies hat mittelfristig zur
Folge, dass keine Bücher mehr zur Ausleihe vorhanden sein werden, da es auch
keine Ergänzung des Bestands geben soll. Faktisch ist damit das Ende der
Bibliothek eingeläutet.
Diese Pläne, die
bereits ab Januar 2021 umgesetzt werden, wurden dem ehrenamtlich tätigen
Bibliotheksteam, überwiegend getragen vom „Katholischen Deutschen Frauenbund
(KDFB)“ Marktheiden-feld, bei einem Treffen am 11.11.2020 mitgeteilt. Wenig
später sollte bereits das Büchereizimmer geräumt werden, der Abbau eines
Computers konnte gerade noch gestoppt werden.
Aus verschiedenen
Gründen sind für uns weder die Entscheidung als solche noch das überstürzte
Vorgehen nachvollziehbar und hinnehmbar:
1.
Patientenbibliotheken sind – wie jede Form von Bibliothek – grundsätzlich von
kultureller Bedeutung, in diesem Fall aber vor allem von gesundheitspolitischer
Bedeutung. Lesen hat nicht nur eine allgemein anerkannte genesungsfördernde
Wirkung, die Tätigkeit der PatientenbibliothekarInnen unterstützt darüber
hinaus durch deren persönliche Zuwendung und Ansprache diese Wirkung.
In Marktheidenfeld
war der KDFB vor 35 Jahren Gründungsmitglied der Patientenbibliothek und hat
seitdem die Bücherei organisatorisch aufgebaut, geführt und verwaltet – und
zwar ehrenamtlich.
2. In all den
Jahren ihres Bestehens haben die ehrenamtlich Tätigen viel Wertschätzung
erfahren sowohl durch die PatientInnen des Krankenhauses und der geriatrischen
Reha als auch durch die BewohnerInnen des Seniorenzentrums und das Personal.
Die hohe Anzahl an Ausleihen (2019: 2500 bei 900 NutzerInnen) und an Besuchen
im Büchereizimmer (2019: 800) belegen die große Akzeptanz dieser Einrichtung.
Nicht unerwähnt bleiben darf in diesem Zusammenhang die Ehrung der ehemaligen
Leiterin der Patientenbibliothek, Frau Gerda Hasler, für besondere Verdienste
im Ehrenamt. Sie hatte eine „im Landkreis Main-Spessart einmalige Bücherei“
auf- und ausgebaut, wie es in der Laudatio seinerzeit hieß.
3. Mit dem Slogan
„kompetent – menschlich – nah“ wirbt das Klinikum Main-Spessart auf seiner
Webseite. Es darf aber nicht bei einem „seelenlosen Slogan“ bleiben! Gerade
eine Patientenbücherei mit der Ausleihe am Krankenbett mithilfe eines Bücherwagens
und mit der Möglichkeit für die PatientInnen und KrankenhausmitarbeiterInnen,
selbst die Bibliothek aufzusuchen, sind spürbarer Ausdruck der menschlichen
Nähe. Patientenbibliotheken sind damit ganz bewusst eine „humane und kulturelle
Ergänzung zur unvermeidlichen Zweckrationalität des Krankenhauses“, wie es das
Bibliotheksportal des Deutschen Bibliotheksverband e. V. treffend formuliert.
Der Stadtrat von
Marktheidenfeld fordert deshalb die Klinikleitung auf, die Einrichtung in ihrer
bisherigen Form am Standort Marktheidenfeld zu erhalten und auf diesem
Fundament mit den ehrenamtlich Engagierten zum Wohle von PatientInnen,
BewohnerInnen und
MitarbeiterInnen weiterzuentwickeln.“
Die Stadträte
erörtern den Zeitpunkt zum Versenden der Resolution zur PatientInnenbibliothek.
Dieser wird teilweise als ungünstig angesehen.
Man kommt konkludent
überein, die Resolution zur PatientInnenbibliothek zeitlich etwas verzögert zur
Resolution zum Masterplan 2025 an das Landratsamt und die Klinikleitung zu
überlassen.
Beschluss:
1. Die vorgelegte Resolution (Anlage 1 zum
Protokoll) wird verabschiedet.
einstimmig
beschlossen Ja 22 Nein 0
2.
Der
Stadtrat von Marktheidenfeld spricht sich dafür aus, die
Patienten(Bewohner)bibliothek des Klinikums Main-Spessart am Standort
Marktheidenfeld zu erhalten. Er fordert die Klinikleitung dazu auf, die
Schließung unverzüglich zurückzunehmen und stattdessen diese Einrichtung mit
den ehrenamtlich Engagierten zum Wohle von PatientInnen, BewohnerInnen und
MitarbeiterInnen weiterzuentwickeln.