Fraktionsvorsitzender Wagner verweist auf den nachstehenden Eilantrag.

 

Der Stadtrat möge auf Antrag der Freie-Wähler-Fraktion beschließen:

„Der Stadtrat von Marktheidenfeld spricht sich dafür aus, die Patientenbibliothek des Klinikums Main-Spessart am Standort Marktheidenfeld zu erhalten. Er fordert die Klinikleitung dazu auf, die Pläne hinsichtlich einer Schließung unverzüglich zurückzunehmen und stattdessen diese Einrichtung mit den ehrenamtlich Engagierten zum Wohle von Patientinnen, Bewohnerinnen und Mitarbeiterinnen weiterzuentwickeln.“

 

Sachstand und Begründung:

Im Rahmen der anstehenden Veränderungen am Klinikstandort Marktheidenfeld soll die Patientenbibliothek in ihrer jetzigen Form nicht mehr fortgeführt werden. Die Klinikleitung führt als Begründung an, dies sei „nicht mehr zeitgemäß und notwendig“. Stattdessen wolle man ab Januar 2021 in Eigenregie die Bewohner der Senioreneinrichtung sowie die geriatrisch-rehabilitativen Patienten mit einem „neuen Konzept mit Lesestoff und Unterhaltung zeitgemäß versorgen“.

Das dafür entwickelte „Marktheidenfelder Modell“ sieht u. a. vor, dass künftig Bücher in Bücherschränke gestellt werden sollen, an denen sich die Patienten selbst bedienen können. Diese Bücher werden dann allerdings nicht mehr zurückgegeben, sondern verbleiben dauerhaft bei den Patienten. Dies hat mittelfristig zur Folge, dass keine Bücher mehr zur Ausleihe vorhanden sein werden, da es auch keine Ergänzung des Bestands geben soll. Faktisch ist damit das Ende der Bibliothek eingeläutet.

Diese Pläne, die bereits ab Januar 2021 umgesetzt werden sollen, wurden dem ehrenamtlich tätigen Bibliotheksteam, überwiegend getragen vom „Katholischen Deutschen Frauenbund (KDFB)“ Marktheidenfeld, bei einem Treffen am 11.11.2020 mitgeteilt. Wenig später sollte bereits das Büchereizimmer geräumt werden, der Abbau eines Computers konnte gerade noch gestoppt werden.

Aus verschiedenen Gründen sind für uns weder die Entscheidung als solche noch das überstürzte Vorgehen nachvollziehbar und hinnehmbar:

 

1. Patientenbibliotheken sind – wie jede Form von Bibliothek – grundsätzlich von kultureller Bedeutung, in diesem Fall aber vor allem von gesundheitspolitischer Bedeutung. Lesen hat nicht nur eine allgemein anerkannte genesungsfördernde Wirkung, die Tätigkeit der Patientenbibliothekarinnen unterstützt darüber hinaus durch deren persönliche Zuwendung und Ansprache diese Wirkung.

In Marktheidenfeld war der KDFB vor 35 Jahren Gründungsmitglied der Patientenbibliothek und hat seitdem die Bücherei organisatorisch aufgebaut, geführt und verwaltet – und zwar ehrenamtlich.

2. In all den Jahren ihres Bestehens haben die ehrenamtlich Tätigen viel Wertschätzung erfahren sowohl durch die Patientinnen des Krankenhauses und der geriatrischen Reha als auch durch die Bewohnerinnen des Seniorenzentrums und das Personal. Die hohe Anzahl an Ausleihen (2019: 2500 bei 900 Nutzerinnen) und an Besuchen im Büchereizimmer (2019: 800) belegen die große Akzeptanz dieser Einrichtung. Nicht unerwähnt bleiben darf in diesem Zusammenhang die Ehrung der ehemaligen Leiterin der Patientenbibliothek, Frau Gerda Hasler, für besondere Verdienste im Ehrenamt. Sie hatte eine „im Landkreis Main-Spessart einmalige Bücherei“ auf- und ausgebaut, wie es in der Laudatio seinerzeit hieß.

3. Mit dem Slogan „kompetent – menschlich – nah“ wirbt das Klinikum Main-Spessart auf seiner Webseite. Es darf aber nicht bei einem „seelenlosen Slogan“ bleiben! Gerade eine Patientenbücherei mit der Ausleihe am Krankenbett mithilfe eines Bücherwagens und mit der Möglichkeit für die Patientinnen und Krankenhausmitarbeiterinnen, selbst die Bibliothek aufzusuchen, sind spürbarer Ausdruck der menschlichen Nähe. Patientenbibliotheken sind damit ganz bewusst eine „humane und kulturelle Ergänzung zur unvermeidlichen Zweckrationalität des Krankenhauses“, wie es das Bibliotheksportal des Deutschen Bibliotheksverband e.V. treffend formuliert.

Der Stadtrat von Marktheidenfeld fordert deshalb die Klinikleitung auf, die Pläne hinsichtlich einer Schließung der Patientenbibliothek am Standort Marktheidenfeld zu überarbeiten mit dem Ziel, diese Einrichtung in ihrer jetzigen Form zu erhalten und auf diesem Fundament mit den ehrenamtlich Engagierten zum Wohle von Patientinnen, Bewohnerinnen und Mitarbeiterinnen weiterzuentwickeln.

 

Herr Fraktionsvorsitzender Wagner fügt abschließend hinzu, dass dieser Antrag, bis Herr Bostelaar hier war, ausgesetzt und anschließend im Stadtrat mitberücksichtigt und behandelt wird.

 

Der 2. Bürgermeister erklärt, dass er von der Landrätin die Zusage hat, dass vor der Vorstellung des Masterplans im Stadtrat keine Entscheidungen auf Kreisebene getroffen werden.

 

Stadtrat Seidel hakt nochmals nach, ob dies auch wirklich auf Eis gelegt ist, damit man gegenüber den Ehrenamtlichen ein Signal geben kann, dass sich vor dem 04.02.2021 nichts tut, da dies dann erst im Kreis vorgestellt wird. Auch sei die Bücherei ja nicht Teil des Masterplans.

 

Laut dem Vorsitzenden wird vorher definitiv nichts unternommen, dies hat ihm die Landrätin am 09.12.2020 zugesichert.

 

Stadtrat Wolfgang Hörnig fragt nach, wann mit dem Masterplan von Herrn Bostelaar zu rechnen ist. Laut dem Vorsitzenden geht uns dieser noch im Jahr 2020 zu.

 

Fraktionsvorsitzender Wagner stellt klar, es ist öffentlich und wird öffentlich bleiben, dass eine Message an Karlstadt geht. Es ist deshalb keine Abstimmung notwendig, das Thema wird sich am 26.01.2021 wiederfinden.