(Bei der Besichtigung des Stadtwaldes sind Forstdirektor Dr. Wolfgang Netsch, Revierleiter Thomas Vogel, Referendar des höheren Forstdienstes Fabian Mainardy anwesend.)

 

Es werden sieben verschiedene Stationen (1. Überblick über den Privatwald Glasofen bezüglich Käferbefall, 2. Kulturflächen in der Abteilung Sulzenschlag, Glasofen, 3. Kulturfläche Erlendelle, Glasofen, 4. 30jähriger Eichenwirtschaftswald Altfeld – Kulturbegründung kurz nach Wiebke im Jahr 1990, 5. 200jähriger Eichenbestand, Abteilung Eichholz Altfeld, 6. Erdloch zur Bodenkunde, Altfeld, 7. Birkenbestand in der Abteilung Birkenholz, Altfeld) besichtigt. Forstdirektor Dr. Netsch und Revierleiter Vogel geben ausführliche Erläuterungen über die Größe und Zusammensetzung des Stadtwaldes. Genauer beleuchtet werden die Schäden aufgrund der Trockenjahre 2018 - 2020 sowie die im Frühjahr neu aufgeforsteten Flächen. Sie gehen u. a. auf nachfolgend erläuterte Aspekte ein:

 

Klimatische Bedingungen 2018/2019/2020:

Obwohl auch das Jahr 2020 in Unterfranken bisher überdurchschnittlich warm und trocken war, sind die Waldschäden im Wesentlichen die Folge der Hitze- und Trockensommer 2018 und 2019.

 

2018 blieb es vom Frühjahr bis weit in den Herbst hinein heiß und trocken. Der Wasservorrat der eigentlich speicherfähigen Lehmböden war erschöpft. Im Winter 2018/2019 blieb der Niederschlag weit unter Durchschnitt, so dass nur die obere Bodenschicht davon profitieren konnte. Die Bäume trieben im Frühjahr 2019 zwar aus, jedoch fiel der frische Austrieb häufig der Trockenheit und Hitze in den Monaten März und April zum Opfer. Durch Trockenstress hatten Schadorganismen, wie Borkenkäfer und Pilze, ein leichtes Spiel. Der Winter 2019/2020 hat bedingt durch die überdurchschnittlichen Niederschläge im Februar 2020 einen insgesamt durchschnittlichen Winterniederschlag gebracht, der jedoch das Defizit der Jahre 2018/2019 nicht ausgleichen konnte.

 

Zustand der Waldbestände und Arbeitsfortschritt:

Seit August 2018 ist festzustellen, dass Waldbestände sämtlicher Altersklassen und Baumarten (in erster Linie die Nadelhölzer Fichte, Kiefer und Lärche, vereinzelt aber auch Douglasie und die Laubhölzer Buche und Eiche) im 781 Hektar großen Stadtwald durch das extreme Klima von Borkenkäferbefall und Trockenschäden betroffen sind. Sämtliche Abteilungen des Stadtwaldes mussten daher regelmäßig kontrolliert und geschädigte Bäume entfernt werden. Teilweise waren zur Beseitigung der Kalamitätshölzer zwei Durchgänge erforderlich. Die Aufarbeitung der Kalamitätshölzer erfolgte sowohl mit eigenem Personal als auch durch örtliche Forstunternehmen mit leistungsfähigen Harvestern.

 

2020 wurden bisher 6.200 fm Schadholz aufgearbeitet. Die gleiche Menge an abgestorbenem Holz dürfte derzeit noch im Wald stehen. Der nachhaltig mögliche Holzeinschlag für den Stadtwald wird damit deutlich überschritten. Er beträgt lediglich 4.700 fm pro Jahr. Kalamitätsbedingt sind im Stadtwald seit 2018 außerdem rund 8 ha Kahlflächen entstanden, die wieder aufgeforstet werden müssen.

 

Holzmarkt / Holzverkauf:

Von den im Jahr 2020 bisher eingeschlagenen 6.200 fm Kalamitätsholz sind bereits 3.200 fm verkauft. 3.000 fm stehen noch zum Verkauf an. Der Holzverkauf lief in den Trockenjahren 2018/2019 bei sehr geringen Holzpreisen äußerst schleppend. Nachdem der Holzmarkt durch die Kalamitätsjahre 2018/2019 mehr als gesättigt ist, hat sich die Vermarktungssituation 2020, zusätzlich bedingt durch Corona, nochmals deutlich verschlechtert.

 

In Normaljahren wurde über sämtlich Holzsortimente hinweg bisher ein Durchschnittspreis von ca. 60 €/fm erzielt. Für 6.200 fm wären dies 372.000 €. Derzeit liegt der Durchschnittspreis allerdings bei unter 20 €/fm, so dass mit einem Erlös von lediglich maximal 125.000 € zu rechnen ist. Hinzu kommt, dass das Beseitigen von bruttauglichem Restholz zusätzliche Kosten verursacht. Dem durchschnittlichen Holzpreis von gegenwärtig ca. 20 €/fm stehen Aufarbeitungs- und Rückekosten von ebenfalls mindestens 20 €/fm gegenüber.

 

Die städt. Forstverwaltung hat ab dem Frühjahr 2018 den eigentlich geplanten Frischholzeinschlag zurückgestellt, da sich anderenorts in Deutschland sowie in angrenzenden Ländern die Katastrophensituation und der Preisverfall zu diesem Zeitpunkt bereits abzeichneten.

 

Der Nadelholzmarkt ist trotz florierender Wirtschaft 2018/2019 aufgrund des Überangebotes an Kalamitätsholz seit über einem Jahr auf einem bisher nicht gekannten Tiefpunkt. Dass es trotz der desolaten Marktlage gelungen ist, einen Teil des bisher angefallenen Schadholze am Markt unterzubringen, ist zu einem großen Teil auf die jahrzehntelangen partnerschaftlichen Beziehungen der städt. Forstverwaltung zu ihren Stammkunden aus der Holzwirtschaft zurückzuführen.

 

Wiederaufforstung:

Bedingt durch die durchschnittlichen Niederschläge im Winter 2019/2020, war es der städtischen Forstverwaltung erstmals seit Herbst 2018 möglich, von 8 ha Kalamitätsflächen 4 ha wieder aufzuforsten. Die aufgeforstete Fläche, die sich auf 11 Teilflächen verteilt, wurde mit standortgerechten und klimatoleranten Baumarten wie Eiche, Buche, Hainbuche, Linde und Kirsche bepflanzt. Für die Wiederbestockung von 4 ha Kalamitätsfläche sind für Pflanzenankauf und Pflanzarbeiten Kosten von 42.800 € entstanden. Hinzu kamen Kosten von ca. 15.000 € für Wildschutzzäune sowie ca. 10.000 € für das Vorbereiten der Pflanzflächen (Reisig räumen, Mulcharbeiten). Für die Wiederaufforstungsmaßnahme wurden von der städt. Forstverwaltung beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Karlstadt 50.325 € Fördermittel beantragt, die inzwischen auch bereits ausbezahlt wurden.

 

Für das Ausgrasen und die Pflege der Wiederaufforstungsflächen werden in den nächsten 5 bis 7 Jahren erhebliche Kosten auf die städt. Forstverwaltung zukommen.

 

Straßen, Rad- und Wanderwege – Verkehrssicherungspflicht:

Durch den Stadtwald verlaufen 11 öffentliche Straßen sowie zahlreiche Kultur-, Rad- und Wanderwege sowie der Waldwichtelweg. Der städt. Forstverwaltung obliegt dafür die Verkehrssicherungspflicht, d. h. abgestorbene Bäume müssen unverzüglich entfernt werden. Um der Verkehrssicherungspflicht nachzukommen, mussten in der bisherigen Trockenperiode stellenweise bereits zwei zeit- und kostenintensive Verkehrssicherungshiebe pro Trockenjahr durchgeführt werden. Im dritten Trockenjahr 2020 mussten dann zusätzlich entlang von stark frequentierten Erholungswegen, wie Rad- und Wanderwegen, Kulturwanderwegen und dem Waldwichtelweg, in einer umfangreichen und kostenintensiven Maßnahme Totholzäste aus den Kronen geschnitten werden.

 

Brennholz:

Trotz des enormen Anfalls von Kalamitätsholz, konnte die städt. Forstverwaltung hinsichtlich des Brennholzverkaufs lediglich auf ihre Stammkunden zurückgreifen. Neue Kunden waren nicht zu gewinnen. Dies liegt zum einen an den niedrigen Heizölpreisen der letzten Jahre und zum anderen daran, dass es sich beim Kalamitätsholz fast ausschließlich um Nadelholz handelt. Auf den Kalamitätsflächen verbliebenes Nadelrestholz wurde kostenlos an die Bürger abgegeben. Aufgearbeitetes und gerücktes Nadelbrennholz wurde in begrenzter Menge zu den Aufarbeitungskosten von 15 €/Ster verkauft.

 

Ausblick:

Angesichts des überbordenden Borkenkäfergrundbestandes ist selbst bei günstigem Witterungsverlauf auch 2021 mit weiterem Schadholzaufkommen durch Borkenkäferbefall zu rechnen. Eine kurzfristige Konsolidierung des Holzmarktes ist daher nicht zu erwarten. Der Einschlag von Frischholz wird sich aus Gründen der Kundenpflege nicht völlig vermeiden lassen, sollte sich aber auf Kontaktmengen beschränken.

 

Da viele der üblicherweise zur Wiederaufforstung verwendeten Baumarten trockenheitsempfindlich sind und Schädlingsprobleme haben, gibt es hinsichtlich der Baumartenwahl kein Patentrezept. Aktuell geht es daher um Risikominimierung. Das Mittel der Wahl sind standortangepasste baumartenreiche Mischbestände mit Baumarten, die sich bisher als relativ klimatolerant erwiesen haben, wie z. B. Eiche, Hainbuche, Linde, Douglasie und Tanne. Auch auf die Buche als heimische Baumart wird man, obwohl auch sie 2019 und 2020 Trockenschäden erlitten hat, dabei nicht verzichten können. Fremdländische Baumarten kommen in bemessenem Umfang als Beimischung in Frage.

 

Forstdirektor Dr. Wolfgang Netsch verabschiedet sich bereits zum Ende des Waldbegangs von allen Stadträten, da im Februar 2021 seine Pensionierung ansteht. Die Möglichkeiten bezüglich der künftigen Betriebsleitung werden im Stadtrat bis spätestens Januar 2021 behandelt.