Sitzung: 26.09.2019 Stadtrat
(Bei Behandlung
dieses Tagesordnungspunktes ist Pia Meiller vom IfE (Institut für
Energietechnik) aus Amberg anwesend.)
Der Bauantrag für
den Sozialen Wohnungsbau Säule II am Südring wurde in der Stadtratssitzung vom
25.07.2019 behandelt.
Die Kostenberechnung
für die Kostengruppen 200-700 beträgt 5.934.650,35 € inkl. MwSt und
Nebenkosten. In der Kostengruppe 400 ist die Photovoltaikanlage (PV-Anlage)
bereits berücksichtigt. Das Institut für Energietechnik (IfE) aus Amberg hat
eine Wirtschaftlichkeitsberechnung unter verschiedenen Betriebsweisen
untersucht. Gegenübergestellt wird eine Volleinspeisung gegenüber einer
Eigenstromnutzung (40 % Gebäude, 60 % Mieter).
Das Institut für
Energietechnik schlägt zwei alternative Betriebsformen für die PV-Anlage vor:
Die Variante 1
sieht vor, 40 % des Stroms direkt im Gebäude für den Gebäudebedarf einzuspeisen
und die restlichen 60 % an die Mieter zu veräußern (Mieterstrom).
Die Variante 2
sieht vor, eine Volleinspeisung für die PV-Anlage vorzusehen.
Aufgrund der
sinkenden Vergütung für eingespeisten Strom schlägt das IfE vor, die Variante 1
umzusetzen. Für diese Variante wäre allerdings ein Dienstleister für die
Abwicklung des Mieterstrommodells notwendig.
Die PV-Anlage
könnte sich bei dem Mieterstrommodell nach 14 Jahren bzw. bei einer
Volleinspeisung nach 15 Jahren amortisieren.
Frau Meiller
erläutert die Überlegungen des IfE anhand einer Präsentation.
Ausgangslage
·
Die
Stadt Marktheidenfeld plant die Errichtung einer geförderten Wohnanlage
(Sozialer Wohnungsbau)
·
Im Zuge
dessen soll eine Photovoltaikanlage (PV-Anlage) mit betrachtet werden
·
Verschiedene
Betriebsweisen werden untersucht:
-
Volleinspeisung
-
Eigenstromnutzung
durch Mieter (Mieterstrom) und Stadt (Allgemeinstrom)
-
Eigenstromnutzung
jeweils mit und ohne Installation eines Stromspeichers
Vorgehensweise
·
Abschätzung
des zukünftigen Strombedarfs in der Wohnanlage
·
Technische
Dimensionierung der PV-Anlage
·
Simulation
mit Ertragsbestimmung
·
Bestimmen
der Stromeigennutzung
·
Prüfen
eines möglichen Mieterstrommodells
·
Wirtschaftlichkeitsbetrachtung
Örtliche
Gegebenheiten
·
Fünfstöckige
Wohnanlage mit 25 Wohneinheiten geplant
·
Als
nutzbare Dachfläche steht die Dachfläche des Dachgeschosses zur Verfügung
·
Somit
stehen rund 330 m² nutzbare Fläche zur Verfügung
Die Anlage werde
so auf der Dachfläche platziert, dass ausreichend Abstand zur Kante verbleibe,
weshalb auf ein Gerüst verzichtet werden könne, beschreibt Frau Meiller eine
mögliche Anordnung der Module.
Strombedarf
Wohnanlage
·
Stromverbrauch
kann aktuell nur prognostiziert werden (Neubau)
·
Die
Nutzung der Wohneinheiten bzw. die Belegung ist bekannt
·
Bedarf
wurde auf Basis von statistischen Werten pro Fläche prognostiziert
Ø
Gesamt-Bedarf
somit voraussichtlich rund 70.000 kWh
Ertragsprognose
und Bestimmen der Stromeigennutzung mittels Simulation
Die Ergebnisse
verdeutlicht Frau Meiller an einer Leistungskurve.
Stromspeicher
·
Die
Installation eines Speichers ist aufgrund der großen Differenz aus erzeugter
Strommenge und Bedarf nicht sinnvoll zu dimensionieren
·
Häufig:
Erzeugung größer Bedarf > Speicher i. d. R. bedarfsorientiert ausgelegt >
Überschüsse können eingespeist werden > Vergütung
·
Hier:
Erzeugung kleiner Bedarf
-
bedarfsorientiert
ausgelegt, wäre der Speicher viel zu groß > in sonnenarmen Zeiten häufig
einfach leer
-
Eigenstromnutzung
meist ohne Speicher schon verhältnismäßig hoch
Frau Meiller verweist
auf die unterschiedlichen Leistungskurven, einmal für eine Woche im Sommer,
einmal für eine Woche im Winter, welche die leistungsschwachen Zeiten deutlich
aufzeigen.
Ergebnisse der
Anlagendimensionierung
Photovoltaikanlage
(PV-Anlage)
3 D,
Netzgekoppelte PV-Anlage mit elektrischen Verbrauchern
Klimadaten Würzburg,
DEU (1981 – 2010)
PV-Generatorleistung 29,61 kWp
PV-Generatorfläche 156,2 m²
Anzahl PV-Module 94
Anzahl Wechselrichter 4
Jährlicher Strombedarf (Prognose) 70.000 kWh
PV-Generatorenergie (AC-Netz) 28.400 kWh
Direkter Eigenverbrauch 18.800 kWh
Netzeinspeisung 17.600 kWh
Abregelung am Einspeisepunkt 0 kWh
Eigenverbrauchsanteil 38 %
Solarer Deckungsanteil 16 %
Spezifischer Jahresertrag 962 kWh/kWp
Anlagennutzungsgrad (PR) 89 %
Ertragsminderung durch Abschattung 0,9 %/Jahr
Vermiedene CO2-Emissionen 17.100 kg/Jahr
Wirtschaftliche
Betrachtung
Investitionskosten und jährliche Ausgaben
·
Hinweis:
Alle angegebenen Kosten sind Nettokosten
·
Investitionskosten
werden auf Basis aktueller marktüblicher Durchschnittswerte angesetzt
·
Bei
aktuell rund 1.000 € pro installiertem Kilowatt (peak) > rund 30.000 €
Investitionskosten
·
Jährliche
Kosten für Versicherung, Verwaltung, Reparaturen, usw. pauschal mit
berücksichtigt
Einnahmen
·
Jährliche
Einnahmen entstehen üblicherweise durch
-
Vergütung
nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz EEG (auf 20 Jahre fest ausgezahlt)
und
-
vermiedene
Strombezugskosten durch Eigenstromnutzung
·
Da es
sich um ein vermietetes Objekt handelt, kann der Strom an die Mieter verkauft
werden (Mieterstrom)
·
Für die
Abwicklung des Mieterstrommodells sind i. d. R. Dienstleister notwendig
(spezielle Unternehmen, Stadtwerke, Energieversorger…)
Mieterstrom
·
„Warum
übernehmen i. d. R. Dienstleister die Stromvermarktung?“
-
Mieterstromanbieter
muss auch Reststromlieferung übernehmen
-
Anlagenbetreiber
wird Energieversorger mit allen Aufgaben und Pflichten (Rechnungsstellung, Meldepflichten,
etc.)
-
Aufbau
Messkonzept und Messstellenbetrieb
-
…
·
Wichtig:
-
Angebotener
Strompreis muss 10 % unter Grundversorgertarif liegen
-
Der
Mieter hat nach wie vor die freie Anbieterwahl
-
Stromliefervertrag
max. 1 Jahr
·
„Wie läuft das Verfahren ab?“
-
Verschiedene
Herangehensweisen denkbar
-
Beispiel
1:
Ø
der
Dienstleister pachtet die Anlage und übernimmt alle Aufgaben (Anmeldung,
Reststromlieferung, Messstellenbetrieb, Abrechnung, etc.)
Ø
jährliche
fixe Pacht an den Anlagenbesitzer/Investor (Stadt)
-
Beispiel
2:
Ø
Dienstleister
kauft der Stadt jede vor Ort nutzbare Kilowattstunde (kWh) für einen
vereinbarten Preis ab
Ø
Stadt
erhält einen zusätzlichen Mieterstrombonus pro kWh
Die beiden
vorgenannten Möglichkeiten ergeben in der Summe einen höheren Ertrag als die
EEG-Vergütung.
Ø
Eingespeister
Strom wird nach EEG vergütet
Übersicht
Wirtschaftlichkeitsbetrachtung
Mieterstrom |
||
Installierte Leistung |
kWp |
29,6 |
spezifische Investitionskosten |
€/kWp |
1.000 |
→ Gesamt-Investitionskosten |
€ |
30.000 |
Jährliche Ausgaben (Versicherung, Verwaltung, Reparaturen
etc.) |
€/a |
400 |
Mischvergütung für Netzeinspeisung |
ct/kWh |
10,44 |
Einnahmen aus Mieterstromverkauf |
ct/kWh |
11,74 |
Mittlere Einnahmen jährlich |
€/a |
2.900 |
Amortisationszeit |
Jahre |
14 |
Volleinspeisung |
||
Installierte Leistung |
kWp |
29,6 |
spezifische Investitionskosten |
€/kWp |
1.000 |
→ Gesamt-Investitionskosten |
€ |
30.000 |
Jährliche Ausgaben
(Versicherung, Verwaltung, Reparaturen etc.) |
€/a |
400 |
Mischvergütung für Netzeinspeisung |
ct/kWh |
10,44 |
Mittlere Einnahmen jährlich |
€/a |
2.800 |
Amortisationszeit |
Jahre |
15 |
·
Amortisationszeit
der Anlage etwas besser als bei Volleinspeisung
·
Mieterstrom
für Mieter günstig (11 % unter Grundversorgertarif)
Fazit:
·
Die
betrachtete PV-Anlage würde in etwa 30 kWp Anlagenleistung aufweisen
und einen guten Ertrag von rund 950 kWh/kWp liefern
·
Rund 40
% des Stroms könnte direkt im Gebäude verbraucht werden
·
Voraussetzung:
Strom wird an die Mieter verkauft > Mieterstrom
·
Die
Abwicklung des Mieterstrommodells übernimmt i. d. R. ein Dienstleister
·
Die
Stadt als Besitzer kann so Mehreinnahmen gegenüber Volleinspeisung erzielen
·
Die
Anlage kann sich somit in bis zu ca. 14 Jahren amortisieren
·
Volleinspeisung
als Alternative grundsätzlich noch denkbar (rund 15 Jahre Amortisationszeit)
·
Unter
diesen Voraussetzungen ist Mieterstrom die attraktivere Option
Bei öffentlichen
Gebäuden mit einer gewissen Dachfläche geht kein Weg an einer Solaranlage
vorbei, stellt 2. Bürgermeister Harth fest. Er fragt an, ob eine Ausrichtung
der Module Richtung Süden möglicherweise eine höhere Leistung erbringen könne als
die angedachte Ost-West-Ausrichtung.
Die
Ost-West-Ausrichtung erhöhe die Eigennutzungsquote, hält Frau Meiller fest.
Zudem biete sich diese auch aufgrund der Gegebenheiten des Gebäudes an.
Stadtrat Adam
lobt das ökologische und ökonomische Ergebnis der vorgeschlagenen PV-Anlage. Er
fragt an, ob als Betreiber der Anlage anstelle eines externen Dienstleisters auch
ein geschulter Hausmeister in Frage käme.
Sie halte die
Beauftragung eines externen Dienstleisters für die bessere Alternative, stellt
Frau Meiller klar. Gerade hinsichtlich der Einzel-Abrechnungen gegenüber den
Mietern, sie nennt hier als weiteren Stichpunkt Mieterwechsel,
Reststromlieferungen oder fristgerechte Meldungen nach dem EEG, erachtet sie
die Beauftragung eines spezialisierten Unternehmens als sinnvoller.
Auf Rückfrage von
Stadtrat Adam hinsichtlich der Kosten erläutert Frau Meiller, dass in der
vorgelegten Berechung bereits alle Kosten, auch die eines externen
Dienstleisters, beinhaltet seien.
Stadträtin
Hamberger hält abschließend fest, dass es sich vorliegend um ein Gebäude des
Sozialen Wohnungsbaus handele. Insoweit sei der im Vergleich zum
Grundversorgertarif um 11 % niedrigere Mieterstrom für die künftigen Mieter ein
zusätzlicher Bonus und passe gut ins Konzept.