(Bei Behandlung dieses Tagesordnungspunktes ist Pia Meiller vom IfE (Institut für Energietechnik) aus Amberg anwesend.)

 

Der Bauantrag für den Sozialen Wohnungsbau Säule II am Südring wurde in der Stadtratssitzung vom 25.07.2019 behandelt.

 

Die Kostenberechnung für die Kostengruppen 200-700 beträgt 5.934.650,35 € inkl. MwSt und Nebenkosten. In der Kostengruppe 400 ist die Photovoltaikanlage (PV-Anlage) bereits berücksichtigt. Das Institut für Energietechnik (IfE) aus Amberg hat eine Wirtschaftlichkeitsberechnung unter verschiedenen Betriebsweisen untersucht. Gegenübergestellt wird eine Volleinspeisung gegenüber einer Eigenstromnutzung (40 % Gebäude, 60 % Mieter).

 

Das Institut für Energietechnik schlägt zwei alternative Betriebsformen für die PV-Anlage vor:

Die Variante 1 sieht vor, 40 % des Stroms direkt im Gebäude für den Gebäudebedarf einzuspeisen und die restlichen 60 % an die Mieter zu veräußern (Mieterstrom).

Die Variante 2 sieht vor, eine Volleinspeisung für die PV-Anlage vorzusehen.

 

Aufgrund der sinkenden Vergütung für eingespeisten Strom schlägt das IfE vor, die Variante 1 umzusetzen. Für diese Variante wäre allerdings ein Dienstleister für die Abwicklung des Mieterstrommodells notwendig.

Die PV-Anlage könnte sich bei dem Mieterstrommodell nach 14 Jahren bzw. bei einer Volleinspeisung nach 15 Jahren amortisieren.

 

Frau Meiller erläutert die Überlegungen des IfE anhand einer Präsentation.

 

Ausgangslage

·         Die Stadt Marktheidenfeld plant die Errichtung einer geförderten Wohnanlage (Sozialer Wohnungsbau)

·         Im Zuge dessen soll eine Photovoltaikanlage (PV-Anlage) mit betrachtet werden

·         Verschiedene Betriebsweisen werden untersucht:

-       Volleinspeisung

-       Eigenstromnutzung durch Mieter (Mieterstrom) und Stadt (Allgemeinstrom)

-       Eigenstromnutzung jeweils mit und ohne Installation eines Stromspeichers

 

Vorgehensweise

·         Abschätzung des zukünftigen Strombedarfs in der Wohnanlage

·         Technische Dimensionierung der PV-Anlage

·         Simulation mit Ertragsbestimmung

·         Bestimmen der Stromeigennutzung

·         Prüfen eines möglichen Mieterstrommodells

·         Wirtschaftlichkeitsbetrachtung

 

Örtliche Gegebenheiten

·         Fünfstöckige Wohnanlage mit 25 Wohneinheiten geplant

·         Als nutzbare Dachfläche steht die Dachfläche des Dachgeschosses zur Verfügung

·         Somit stehen rund 330 m² nutzbare Fläche zur Verfügung

 

Die Anlage werde so auf der Dachfläche platziert, dass ausreichend Abstand zur Kante verbleibe, weshalb auf ein Gerüst verzichtet werden könne, beschreibt Frau Meiller eine mögliche Anordnung der Module.

 

Strombedarf Wohnanlage

·         Stromverbrauch kann aktuell nur prognostiziert werden (Neubau)

·         Die Nutzung der Wohneinheiten bzw. die Belegung ist bekannt

·         Bedarf wurde auf Basis von statistischen Werten pro Fläche prognostiziert

Ø  Gesamt-Bedarf somit voraussichtlich rund 70.000 kWh

 

Ertragsprognose und Bestimmen der Stromeigennutzung mittels Simulation

Die Ergebnisse verdeutlicht Frau Meiller an einer Leistungskurve.

 

Stromspeicher

 

·         Die Installation eines Speichers ist aufgrund der großen Differenz aus erzeugter Strommenge und Bedarf nicht sinnvoll zu dimensionieren

·         Häufig: Erzeugung größer Bedarf > Speicher i. d. R. bedarfsorientiert ausgelegt > Überschüsse können eingespeist werden > Vergütung

·         Hier: Erzeugung kleiner Bedarf

-       bedarfsorientiert ausgelegt, wäre der Speicher viel zu groß > in sonnenarmen Zeiten häufig einfach leer

-       Eigenstromnutzung meist ohne Speicher schon verhältnismäßig hoch

 

Frau Meiller verweist auf die unterschiedlichen Leistungskurven, einmal für eine Woche im Sommer, einmal für eine Woche im Winter, welche die leistungsschwachen Zeiten deutlich aufzeigen.

 

Ergebnisse der Anlagendimensionierung

 

Photovoltaikanlage (PV-Anlage)

3 D, Netzgekoppelte PV-Anlage mit elektrischen Verbrauchern

 

Klimadaten                                                                 Würzburg, DEU (1981 – 2010)

PV-Generatorleistung                                                                                        29,61   kWp

PV-Generatorfläche                                                                                           156,2  

Anzahl PV-Module                                                                                                  94

Anzahl Wechselrichter                                                                                              4

 

Jährlicher Strombedarf (Prognose)                                                                 70.000   kWh

PV-Generatorenergie (AC-Netz)                                                                     28.400   kWh

Direkter Eigenverbrauch                                                                      18.800   kWh

Netzeinspeisung                                                                                   17.600   kWh

Abregelung am Einspeisepunkt                                                                    0   kWh

Eigenverbrauchsanteil                                                                                            38   %

Solarer Deckungsanteil                                                                                           16   %

Spezifischer Jahresertrag                                                                                     962   kWh/kWp

Anlagennutzungsgrad (PR)                                                                                     89   %

Ertragsminderung durch Abschattung                                                                   0,9   %/Jahr

Vermiedene CO2-Emissionen                                                                         17.100   kg/Jahr

 

Wirtschaftliche Betrachtung

Investitionskosten und jährliche Ausgaben

·         Hinweis: Alle angegebenen Kosten sind Nettokosten

·         Investitionskosten werden auf Basis aktueller marktüblicher Durchschnittswerte angesetzt

·         Bei aktuell rund 1.000 € pro installiertem Kilowatt (peak) > rund 30.000 € Investitionskosten

·         Jährliche Kosten für Versicherung, Verwaltung, Reparaturen, usw. pauschal mit berücksichtigt

 

Einnahmen

·         Jährliche Einnahmen entstehen üblicherweise durch

-       Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz EEG (auf 20 Jahre fest ausgezahlt)

und

-       vermiedene Strombezugskosten durch Eigenstromnutzung

·         Da es sich um ein vermietetes Objekt handelt, kann der Strom an die Mieter verkauft werden (Mieterstrom)

·         Für die Abwicklung des Mieterstrommodells sind i. d. R. Dienstleister notwendig (spezielle Unternehmen, Stadtwerke, Energieversorger…)

 

Mieterstrom

·         „Warum übernehmen i. d. R. Dienstleister die Stromvermarktung?“

-       Mieterstromanbieter muss auch Reststromlieferung übernehmen

-       Anlagenbetreiber wird Energieversorger mit allen Aufgaben und Pflichten (Rechnungsstellung, Meldepflichten, etc.)

-       Aufbau Messkonzept und Messstellenbetrieb

-      

 

·         Wichtig:

-       Angebotener Strompreis muss 10 % unter Grundversorgertarif liegen

-       Der Mieter hat nach wie vor die freie Anbieterwahl

-       Stromliefervertrag max. 1 Jahr

 

·          „Wie läuft das Verfahren ab?“

-       Verschiedene Herangehensweisen denkbar

-       Beispiel 1:

Ø     der Dienstleister pachtet die Anlage und übernimmt alle Aufgaben (Anmeldung, Reststromlieferung, Messstellenbetrieb, Abrechnung, etc.)

Ø     jährliche fixe Pacht an den Anlagenbesitzer/Investor (Stadt)

-       Beispiel 2:

Ø     Dienstleister kauft der Stadt jede vor Ort nutzbare Kilowattstunde (kWh) für einen vereinbarten Preis ab

Ø     Stadt erhält einen zusätzlichen Mieterstrombonus pro kWh

Die beiden vorgenannten Möglichkeiten ergeben in der Summe einen höheren Ertrag als die EEG-Vergütung.

 

Ø     Eingespeister Strom wird nach EEG vergütet

 

Übersicht Wirtschaftlichkeitsbetrachtung

 

Mieterstrom

Installierte Leistung

kWp

29,6

spezifische Investitionskosten

€/kWp

1.000

→ Gesamt-Investitionskosten

30.000

Jährliche Ausgaben (Versicherung, Verwaltung, Reparaturen etc.)

€/a

400

Mischvergütung für Netzeinspeisung

ct/kWh

10,44

Einnahmen aus Mieterstromverkauf

ct/kWh

11,74

Mittlere Einnahmen jährlich

€/a

2.900

Amortisationszeit

Jahre

14

 

Volleinspeisung

Installierte Leistung

kWp

29,6

spezifische Investitionskosten

€/kWp

1.000

→ Gesamt-Investitionskosten

30.000

Jährliche Ausgaben (Versicherung, Verwaltung, Reparaturen etc.)

€/a

400

Mischvergütung für Netzeinspeisung

ct/kWh

10,44

Mittlere Einnahmen jährlich

€/a

2.800

Amortisationszeit

Jahre

15

 

·         Amortisationszeit der Anlage etwas besser als bei Volleinspeisung

·         Mieterstrom für Mieter günstig (11 % unter Grundversorgertarif)

 

Fazit:

·         Die betrachtete PV-Anlage würde in etwa 30 kWp Anlagenleistung aufweisen und einen guten Ertrag von rund 950 kWh/kWp liefern

·         Rund 40 % des Stroms könnte direkt im Gebäude verbraucht werden

·         Voraussetzung: Strom wird an die Mieter verkauft > Mieterstrom

·         Die Abwicklung des Mieterstrommodells übernimmt i. d. R. ein Dienstleister

·         Die Stadt als Besitzer kann so Mehreinnahmen gegenüber Volleinspeisung erzielen

·         Die Anlage kann sich somit in bis zu ca. 14 Jahren amortisieren

·         Volleinspeisung als Alternative grundsätzlich noch denkbar (rund 15 Jahre Amortisationszeit)

·         Unter diesen Voraussetzungen ist Mieterstrom die attraktivere Option

 

Bei öffentlichen Gebäuden mit einer gewissen Dachfläche geht kein Weg an einer Solaranlage vorbei, stellt 2. Bürgermeister Harth fest. Er fragt an, ob eine Ausrichtung der Module Richtung Süden möglicherweise eine höhere Leistung erbringen könne als die angedachte Ost-West-Ausrichtung.

Die Ost-West-Ausrichtung erhöhe die Eigennutzungsquote, hält Frau Meiller fest. Zudem biete sich diese auch aufgrund der Gegebenheiten des Gebäudes an.

 

Stadtrat Adam lobt das ökologische und ökonomische Ergebnis der vorgeschlagenen PV-Anlage. Er fragt an, ob als Betreiber der Anlage anstelle eines externen Dienstleisters auch ein geschulter Hausmeister in Frage käme.

Sie halte die Beauftragung eines externen Dienstleisters für die bessere Alternative, stellt Frau Meiller klar. Gerade hinsichtlich der Einzel-Abrechnungen gegenüber den Mietern, sie nennt hier als weiteren Stichpunkt Mieterwechsel, Reststromlieferungen oder fristgerechte Meldungen nach dem EEG, erachtet sie die Beauftragung eines spezialisierten Unternehmens als sinnvoller.

 

Auf Rückfrage von Stadtrat Adam hinsichtlich der Kosten erläutert Frau Meiller, dass in der vorgelegten Berechung bereits alle Kosten, auch die eines externen Dienstleisters, beinhaltet seien.

 

Stadträtin Hamberger hält abschließend fest, dass es sich vorliegend um ein Gebäude des Sozialen Wohnungsbaus handele. Insoweit sei der im Vergleich zum Grundversorgertarif um 11 % niedrigere Mieterstrom für die künftigen Mieter ein zusätzlicher Bonus und passe gut ins Konzept.