(Bei Behandlung des Tagesordnungspunktes ist Pia Meiller, IfE (Institut für Energietechnik) in Amberg, anwesend.)

 

Zuletzt behandelt wurde die Planung für das Wohnbaugebiet „Märzfeld“ im Stadtteil Altfeld am 21.02.2019.

 

Im Klimaschutzkonzept 2013 der Stadt Marktheidenfeld wurde die Entwicklung einer „klimafreundlichen Siedlung“ als potenzielle zukünftige Maßnahme aufgezeigt. Die Verwaltung und die beauftragten Planer haben auf der Grundlage des Klimaschutzkonzeptes an einer zentralen Stelle eine Wärme- und Stromversorgung über ein Blockheizkraftwerk für das neue Baugebiet vorgeschlagen.

 

Es wurden drei Varianten ausgearbeitet.

Die zentrale Fläche sollte künftig der gemeinsamen Energieversorgung dienen (Variante 1).

Eine Alternative wäre eine zentrale Versorgunganlage in Verbindung mit einer Parkfläche, die ausschließlich für Elektrofahrzeuge vorbehalten werden soll (Variante 2).

Eine weitere Planungsvariante stellt die Kombination zwischen einer Versorgungsanlage mit einer Grünanlage dar (Variante 3).

Alle drei Varianten sollten mit einer zentralen Entsorgungsanlage, wie z. B. unterirdische Glas- und Müllcontainer, aufwarten können.

 

Aufgrund der Beteiligung der Stadt am Energieeffizienznetzwerk hat das Institut für Energietechnik (IfE) GmbH aus 92224 Amberg die Möglichkeiten einer zentralen Energieversorgung für das Baugebiet aus ökologischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten untersucht. Vom Institut für Energietechnik wird die Wirtschaftlichkeit hinsichtlich einer zentralen Energieversorgung für dieses Wohngebiet vorgestellt.

 

Der nächste Verfahrensschritt, nach der Vorstellung der endgültigen Planung im Stadtrat, wäre die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit und Behörden.

 

Frau Meiller erläutert die verschiedenen Varianten anhand einer Präsentation.

 

Neubaugebiet „Märzfeld“

Baugrundstücke für 42 Einfamilienhäuser

 

Wärmebedarf

300.000 kWhth/a

Leistungsbedarf

350 kWth

Strombedarf

150.000 kWhel/a

Trassenlänge Wärmenetz

ca. 1 km

davon Haupttrasse

580 m

davon Stichleitungen

420 m

 

Gegenüberstellung Energieversorgungsvarianten

 

 

Grundlast                                       Spitzenlast

 

Kundenanlage

1.

BHKW 22 kWel

(BHKW: Blockheizkraftwerk)

350 kWth

(Erdgas bzw. Biomasse)

2.

2 x HKA 9 kWel

(HKA: Holzkraftanlage/vergast Holz zur Stromerzeugung)

 

3.

Pelletkessel 90 kWth

+ 116 kWpPV

„Klassisches“ Wärmenetz

1.

BHKW 22 kWel

350 kWth

(Erdgas bzw. Biomasse)

2.

2 x HKA 9 kWel

3.

Pelletkessel 90 kWth

Dezentrale                   1. Referenzvarianten  

10 kWthLuft-Wasser-WP

2.

10 kWthFlüssiggaskessel

+ 7,2 m² Solarthermie

3.

10 kWth Pelletkessel

 

Rahmenbedingungen Wirtschaftlichkeitsbetrachtung

·         Angelehnt an die VDI 2067

·         Betrachtungszeitraum 20 Jahre

·         Zinssatz 2 %

·         Finanzierung 100 % FK

·         AfA (Abschreibung für Anlagegüter) Erzeuger 20 Jahre

·         AfA Netze, Gebäude etc. 40 Jahre

·         Anschlussquote 100 %

 

Zentrale Versorgung

·         Keine Marge für Betreiber

·         Annahme Grundstückspreis Energiezentrale 160 €/m²

 

Dezentrale Referenz

·         Keine Mehrkosten für größeren Heizraum enthalten

 

Kundenanlage

 

Entfallende Strompreisbestandteile für eigengenutzten Strom in der Kundenanlage

Offshore-Netzumlage

0,416

ct/kWh

StromNEV

0,305

ct/kWh

KWK

0,280

ct/kWh

AbschaltVO

0,005

ct/kWh

Stromsteuer

2,050

ct/kWh

Netzentgelte

5,440

ct/kWh

Summe

8,50

ct/kWh

 

·         Ersparnis: 8,50 ct/kWh für ca. 100.000 kWh/a eigennutzbaren Strom in der Kundenanlage

·         Darüber refinanzierbare Investitionskosten für das Stromnetz ~ 230.000 €

·         Kostenschätzung Stromnetz > 300.000 €

 

·         Betrieb der Kundenanlage wirtschaftlich unvorteilhaft

 

Kundenanlage – Ausblick E-Mobilität

·         Annahme Energieverbrauch pro E-Auto pro Jahr: 2.700 kWh/a

·         Bei 21 E-Autos (0,5 E-Autos pro Familie): 57.000 kWh/a

 

Vorausgesetzt diese Strommenge wird in der Kundenanlage selbst erzeugt und verteilt:

·         130.000 € refinanzierbar über eingesparte Strompreisbestandteile

(Zusätzlich zu den 230.000 € über Haushaltsstrom)

·         Derzeit noch nicht mit dieser Anzahl an E-Autos kalkulierbar

 

Anhand von Säulendiagrammen zeigt Frau Meiller die Investitionskosten für die unterschiedlichen Varianten auf sowie die Gesamtenergiekosten bei den unterschiedlichen Ausführungen der Heizanlage. Auch auf den CO2-Ausstoß der verschiedenen Anlagen geht sie ausführlich ein.

 

Zwischenfazit der Gegenüberstellung

·         Zentrale Wärmeversorgung (Pellets oder Blockheizkraftwerk im Biomethanbetrieb) kann unter ökologischen und ökonomischen Aspekten sinnvoll sein

Ø  Voraussetzung 100 % Anschlussquote

 

·         Zentrale Variante mit Holzvergaser:

-       Hohe Investitionskosten

-       Hoher Betriebsaufwand

-       Ökologisch vorteilhaft

 

·         Zentrale Variante mit Erdgas-Blockheizkraftwerk:

-       PE-Faktor unvorteilhaft für Bauherren

-       Ökologisch vorteilhaft bei Biomethaneinsatz im Blockheizkraftwerk

 

Einflussfaktoren auf eine erfolgreiche Umsetzung

(Platzbedarf Energiezentrale)

 

Vorgesehene Grundstücksgröße: 280 m² - relativ ungünstiger Schnitt

·         Grundstück reine Biomassevariante ca. 330 m² - Heizhaus ca. 12 m x 12 m

·         Grundstück reine Erdgasvariante ca. 180 m² - Heizhaus ca. 7 m x 8 m

 

·         Betreiber des Wärmenetzes

Ø  Externer Betreiber wäre nötig

 

·         Bauzwang

Ø  z. B. über Baugebot (Bezugsfertige Errichtung eines Wohnhauses innerhalb von zwei Jahren) um Vorleistung und Risiko für den Betreiber gering zu gestalten

 

·         Grundstücke in Hand der Stadt

Ø  Anschluss-und Benutzungszwang könnte über privatrechtliche Verträge geregelt werden

 

·         Nutzung von Einzelfeuerstätten

Ø  Verbot wäre hinsichtlich des Wärmeabsatzes zu empfehlen

 

·         Wärmebelegungsdichte

Ø  bei ca. 300 kWh/Tm*a

 

·         Fördermöglichkeiten Wärmenetz nicht enthalten

Ø  schwierig wegen Wärmebelegungsdichte (KfW) bzw. KWK-Anteil (BAFA)

 

Fazit:

·         Kundenanlage wirtschaftlich nicht betreibbar

Ø  Wirtschaftlicher Vergleich einer zentralen Versorgung (rein wärmeseitig) zur dezentralen Versorgung

Ø  Ergebnis: Gesamtenergiekosten für den Referenzhaushalt liegen bei zentraler und bei dezentraler Versorgung auf einem vergleichbaren Niveau

 

·         Positive Aspekte für eine Umsetzung

-       Alle Grundstücke sind in Hand der Stadt (privatrechtliche Verträge möglich)

-       Baugebot innerhalb von 2 Jahren umsetzbar

 

·         Weniger positive Aspekte für eine Umsetzung

-       Ausschließlich Einfamilienhäuser

-       Keine größeren Abnehmer

-       Geringe Wärmebelegungsdichte

-       Grundstück für Energiezentrale ungünstig geschnitten

-       Kein Eigenbetrieb durch die Stadt möglich

-       Externer Betreiber, der das Netz gewinnorientiert betreiben möchte, wirkt sich stark auf die Wirtschaftlichkeit aus (Marge verteilt sich auf wenige Köpfe)

 

Auf die Frage von Stadtrat Adam, von welchen Voraussetzungen man bei der Berechnung eines Referenzhaushalts ausgehe, erläutert Frau Meiller, man habe ein KfW 55-Gebäude zugrunde gelegt. Stadtrat Adam hält weiter fest, dass in wenigen Jahren voraussichtlich vor allem Passiv-Häuser entstehen würden. Diese Häuser verursachen dann keine Kosten für Wärmeerzeugung mehr, stellt er weiter klar. Auf weitere Rückfrage von Herrn Adam stellt Frau Meiller klar, dass bereits bei KfW 40-Gebäuden die zuvor erörterten Berechnungen überarbeitet werden müssten.

 

Stadträtin Hamberger bittet um Erläuterung, ob ein in der Mitte des Märzfeld-Areals liegendes Grundstück für die zentrale Versorgung günstiger wäre. Dies sei nicht der Fall, hält Frau Meiller fest. Die Länge des Leitungsnetzes bleibe in etwa gleich.

 

Die Vorsitzende resümiert, dass es derzeit noch einen Balance-Akt darstelle, auf der einen Seite mit Energie und Klima schonend umzugehen und auf der anderen Seite gerade für junge „Häuslebauer“ kostengünstige Bauvarianten anzubieten. Dennoch könne eventuell durch eine zentrale Energieversorgung ein Kellergeschoss eingespart werden. Sie verweist auch auf die finanzielle Förderung durch die Stadt, welche einen Anreiz darstellen könne, energiesparende Häuser zu bauen. Das vorliegende Wohnbaugebiet stelle gute Rahmenbedingungen für eine zentrale Energieversorgung, da alle Grundstücke in städtischer Hand liegen. Dennoch sei die Auslastung einer zentralen Anlage bei 42 Einfamilienhäusern nicht so gut wie dies bei einer Versorgung von Mehrfamilienhäusern wäre.

 

Für 2. Bürgermeister Harth sei die grundlegende Frage bei der Umsetzung zu sehen. Er fragt nach, mit welchen Auswirkungen zu rechnen seien, wenn das Gebiet nicht bereits nach zwei Jahren voll belegt sei. Bei einer verzögerten Bebauung des Gebietes müsse der Betreiber der zentralen Anlage in Vorleistung gehen, was wiederum auf die dann vorhandenen Nutzer umgelegt werden würde, stellt Frau Meiller klar.

 

Stadtrat Adam verweist auf die derzeit günstigen Voraussetzungen für Bauherren. Aufgrund der vielen Förderprogramme seien viele Bauherren bereit, sich nach diesen Vorgaben auszurichten. Aufgrund einer bereits vorhandenen zentralen Versorgungsanlage könne unter Umständen jedoch ein Bauherr davon Abstand nehmen, ein KfW 55-Haus zu errichten, mahnt er an. Weiter wirft er ein, dass die Stadt es zwar in der Hand habe, einen Bauzwang binnen zwei Jahren nach dem Kauf auszuüben, nicht jedoch einen möglichen Käufer zu einem Kauf zu zwingen. Es sei üblich, dass in den Stadtteilen ein Baugebiet erst nach fünf bis acht Jahren belegt sei. Somit würde die vorgestellte Wirtschaftlichkeitsberechnung scheitern, da das Versorgungsnetz funktionieren müsse, sobald das erste Haus bezogen werde.

Dem stimmt Frau Meiller zu. Das Netz müsse mit der Erschließung des Gebietes geschlossen werden, auch wenn dieses noch nicht komplett bebaut sei.

Stadtrat Wolfgang Hörnig mahnt, dass in diesem Fall die Kommune für mögliche finanzielle Ausfälle eintreten müsse.

 

Stadträtin Hamberger resümiert, dass das Gebiet wohl nicht binnen zwei Jahren komplett bebaut werden könne. Somit sei es schwierig, einen Betreiber für eine zentrale Wärmeversorgungsanlage zu finden. Dass die Stadt in Vorleistung gehe, sei der Bevölkerung ebenfalls schlecht zu vermitteln. Somit komme eine zentrale Wärmeversorgung für das Gebiet wohl nicht in Frage.

 

Die Vorsitzende bittet die Fraktionen, das Thema intern zu beraten. Eine Beschlussfassung erfolge in einer der nächsten Stadtratssitzungen.