Das Gremium, Forstdirektor Dr. Netsch, Revierleiter Vogel, Vertreter der Presse sowie einige Bürger fahren mit dem bereitgestellten Bus nach Glasofen. Zunächst wird ein Halt auf Höhe des Köhlerplatzes gemacht, anschließend geht es in die Abteilungen „Steinbusch“ und „Erlendelle“.

 

Forstdirektor Dr. Wolfgang Netsch und Revierleiter Thomas Vogel berichten vor Ort über die aktuelle Situation im Stadtwald aufgrund der Trockenjahre 2018 und 2019.

 

Klimatische Bedingungen 2018/2019

 

Obwohl auch das Jahr 2019 bisher überdurchschnittlich warm und trocken war, sind die Waldschäden, die wir gegenwärtig beobachten, im Wesentlichen die Folge des Hitze- und Trockensommers 2018.

 

2018 ist es vom Frühjahr bis weit in den Herbst hinein heiß und trocken geblieben. Der Wasservorrat unserer eigentlich speicherfähigen Lehmböden war erschöpft. Im Winter 2018/2019 blieb der Niederschlag weit unter Durchschnitt, so dass nur die obere Bodenschicht davon profitieren konnte. Die Bäume haben dann im Frühjahr 2019 zwar ausgetrieben, der frische Austrieb fiel aber häufig der Trockenheit und Hitze in den Monaten März und April zum Opfer. Durch Trockenstress in seiner Abwehrkraft geschwächt ging der Wald in den Sommer 2019. Schadorganismen, wie Borkenkäfer und Pilze, hatten dadurch leichtes Spiel.

 

Zustand der Waldbestände und Arbeitsfortschritt 2018/2019

 

Ab August 2018 war festzustellen, dass Waldbestände sämtlicher Altersklassen und nahezu aller Baumarten im 781 Hektar großen Stadtwald durch das extreme Klima von Borkenkäferbefall und Trockenschäden betroffen waren - in erster Linie die Nadelhölzer Fichte, Kiefer und Lärche, vereinzelt aber auch Douglasie und die Laubhölzer Buche und Eiche. Sämtliche Abteilungen des Stadtwaldes mussten daher regelmäßig kontrolliert und geschädigte Bäume entfernt werden. Teilweise waren zur Beseitigung der Kalamitätshölzer zwei Durchgänge erforderlich. Die Aufarbeitung der Kalamitätshölzer erfolgte sowohl mit eigenem Personal als auch durch örtliche Forstunternehmen mit leistungsfähigen Harvestern.

 

Bisher wurden 5.400 fm Schadholz aufgearbeitet. Die gleiche Menge an abgestorbenem Holz dürfte derzeit noch im Wald stehen. Der nachhaltig mögliche Holzeinschlag für den Stadtwald wird damit deutlich überschritten. Er beträgt lediglich 4.700 fm pro Jahr. Kalamitätsbedingt sind im Stadtwald seit 2018 außerdem rund 4 ha Kahlflächen entstanden, die in nächster Zeit wieder aufgeforstet werden müssen.

 

Holzmarkt/Holzverkauf 2018/2019

 

Von den bisher eingeschlagenen 5.400 fm Kalamitätsholz sind bereits 2.400 fm verkauft. Weitere 2.000 fm stehen zur Abrechnung an. In Normaljahren wurde bisher ein Durchschnittspreis von ca. 60 €/fm über sämtlich Holzsortimente hinweg erzielt. Für 5.400 fm wären dies 324.000 €. Derzeit liegt der Durchschnittspreis allerdings bei unter 30 €/fm, so dass mit einem Erlös von lediglich maximal 150.000 € zu rechnen ist. Hinzu kommt, dass das Beseitigen von bruttauglichem Restholz zusätzliche Kosten verursacht.

Die städtische Forstverwaltung hat ab dem Frühjahr 2018 den eigentlich geplanten Frischholzeinschlag zurückgestellt, da sich anderenorts in Deutschland sowie in angrenzenden Ländern die Katastrophensituation und der Preisverfall zu diesem Zeitpunkt bereits abzeichneten.

 

Der Nadelholzmarkt ist trotz florierender Wirtschaft aufgrund des Überangebotes an Kalamitätsholz seit über einem Jahr auf einem bisher nicht gekannten Tiefststand. Dass es trotz der desolaten Marktlage gelungen ist, das bisher angefallene Schadholz am Markt unterzubringen, ist zu einem großen Teil auf die jahrzehntelangen partnerschaftlichen Beziehungen der städtischen Forstverwaltung zu ihren Stammkunden aus der Holzwirtschaft zurückzuführen.

 

Straßen, Rad- und Wanderwege – Verkehrssicherungspflicht

 

Durch den Stadtwald verlaufen 11 öffentliche Straßen sowie zahlreiche Rad- und Wanderwege. Der städtischen Forstverwaltung obliegt dafür die Verkehrssicherungspflicht, d. h. abgestorbene Bäume müssen unverzüglich entfernt werden. Um der Verkehrssicherungspflicht nachzukommen, mussten in der bisherigen Trockenperiode teilweise örtlich bereits zwei zeit- und kostenintensive Verkehrssicherungshiebe durchgeführt werden.

 

Ausblick

 

Angesichts des überbordenden Borkenkäfergrundbestandes ist selbst bei günstigem Witterungsverlauf auch 2020 mit weiterem Schadholzaufkommen durch Borkenkäferbefall zu rechnen. Eine kurzfristige Konsolidierung des Holzmarktes ist daher nicht zu erwarten. Der Einschlag von Frischholz wird sich aus Gründen der Kundenpflege nicht völlig vermeiden lassen, sollte sich aber auf Kontaktmengen beschränken.

 

Da viele der üblicherweise zur Wiederaufforstung verwendeten Baumarten trockenheitsempfindlich sind und Schädlingsprobleme haben, gibt es hinsichtlich der Baumartenwahl kein Patentrezept. Aktuell geht es daher um Risikominimierung. Das Mittel der Wahl sind standortangepasste baumartenreiche Mischbestände mit Baumarten, die sich bisher als relativ klimatolerant erwiesen haben, wie z. B. Eiche, Hainbuche, Linde, Douglasie und Tanne. Auch auf die Buche als heimische Baumart wird man, obwohl auch sie 2019 Trockenschäden erlitten hat, dabei nicht verzichten können. Fremdländische Baumarten kommen in bemessenem Umfang als Beimischung in Frage.