Für die Fraktion der SPD nimmt Fraktionsvorsitzender Hermann Menig Stellung zum Haushaltsentwurf 2024 wie folgt:

 

„Sehr geehrter Herr Bürgermeister, werte Kolleginnen und Kollegen des Stadtrates, Vertreter der Verwaltung, der Presse und interessierte Zuhörer hier im Ratssaal.

 

Zunächst herzlichen Dank an Frau Herrmann, die trotz mannigfaltiger Aufgaben und Geschehnisse es schaffte, einen Haushaltsentwurf vorzulegen. Dank vorab auch schon mal an den Herrn Bürgermeister, der unsere Forderung nach Streckung des zeitlichen Ablaufs der Haushaltsberatungen (siehe auch Haushaltsrede vom 23.11.2021) bereits per Stadtratsbeschluss vor wenigen Wochen für die Haushaltsberatungen 2024 erfüllen konnte.

 

Ja, verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer, sieht man die zu Grunde liegenden Zahlen des Haushaltsentwurfes 2024, muss man zwangsläufig erkennen, dass die „fetten Jahre“, auch in Marktheidenfeld, wohl Geschichte sind. Steigende Ausgaben und geringere Einnahmen zeigen im Ergebnis, dass auf Rücklagen der Stadt zurückgegriffen werden muss, um einen ausgeglichenen Haushalt zu gewährleisten.

 

Nach einem Haushalt des „Luftholens“ für das Jahr 2023 muss nun 2024 ein Haushalt der Neuorientierung aufgrund der aktuellen, unerfreulichen Einnahmeentwicklung bei der Gewerbesteuer erfolgen.

 

Zielsetzung wird dabei die Konzentration auf Pflichtaufgaben, wie Schulen, Kitas oder Infrastruktur sein müssen. Die Zeit der „Leuchtturmprojekte“ und großformatigen Konzepte ist zumindest zunächst vorüber. Dabei gilt es dennoch, Ruhe zu bewahren und nach Wegen zu suchen, das dauerhaft erhalten zu können, was die Stadt und ihre Stadtteile ausmacht.

 

Unsere derzeitige finanzielle Situation erlaubt es uns noch, Weichen für die künftige Finanzplanung zu stellen, ohne dass wir unmittelbar in „Schnappatmung“ geraten müssten. Manches auf der Einnahmen- und Ausgabeseite ist aber mit nachhaltiger Betrachtung auf den Prüfstand zu stellen. Dazu sind wir mit Augenmaß bereit.

 

Die Orientierung in diesem Jahr sollte dazu dienen, sich im Klaren zu sein, dass man Begonnenes fortführen und zu Ende bringen muss. Neue Projekte sollten nicht begonnen werden, bevor andere, ältere, in Planung befindliche, immer kostenintensiver werdende Vorhaben auf der Zielgeraden sind. Es macht doch keinen Sinn, immer neue Machbarkeitsstudien und Planungen mit hohen Kosten in Auftrag zu geben und neue Dinge anzuschieben, die vielleicht erst in Jahren realisiert werden können. Wir schlagen hier – wiederholt – vor, eine Prioritätenliste zu diskutieren und diese jährlich fortzuschreiben.

 

Im aktuellen Haushaltsplan zeigen sich die Beteiligungen an der Umsatz- und Einkommenssteuer mit gut 11 Millionen € als relativ verlässliche Einnahme. Eine erwartete Gewerbesteuer von rund 9,5 Millionen fällt aber deutlich ernüchternd hinter die gewohnten Zahlen aus den Vorjahren zurück. Es ist zu befürchten, dass diese Delle sich als länger anhaltend herausstellen könnte. Ausschlaggebend dafür sind nicht allein die gegenwärtig bescheidenden Konjunkturaussichten der Gesamtwirtschaft und einzelner Branchen. Vielmehr machen die bisweilen schwer nachvollziehbaren Möglichkeiten steuerrechtlicher Optimierungen, vor allem für Konzerne und Großunternehmen, die Gewerbesteuer zu einer schwierigen Grundlage kommunaler Finanzen. Trotzdem regen wir an, eine Anhebung des Hebesatzes der Gewerbesteuer um 20 oder 30 von Hundert in Erwägung zu ziehen.

 

Auch die Hebesätze der Grundsteuer könnten zur Diskussion für eine gemäßigte Anhebung gestellt werden. Hier fragen wir uns aber, ob der aktuelle Zeitpunkt dazu jetzt richtig ist? Die Auswirkungen der Reform der Grundsteuer sind gegenwärtig von vielen Bürgerinnen und Bürgern noch schwer abzuschätzen. Für die Städte und Gemeinden soll die Reform zu einem aufkommensgleichen Ergebnis führen, was aus heutiger Sicht wohl kaum abschließend zu beurteilen ist.

 

Personalausgaben von deutlich über 15 Millionen € lassen nicht nur auf den ersten Blick bei den Ausgaben des Verwaltungshaushalts aufhorchen. Aber bei fast 300 städtischen Beschäftigten in Voll- und Teilzeit finden sich im Stellenplan viele Positionen, die in vergleichbaren Städten in andere Bereiche, etwa in Stadtwerke, Trägerschaften oder ausgelagerte Dienstleistungsverträge verschoben sind. Sie zeigen sich häufig auf Dauer keineswegs als besonders kostengünstig. Sie schlagen sich lediglich nicht mehr unter den Personalkosten, sondern an anderer Stelle nieder.

 

Neben dem großen Bereich der Kitas weisen wir auf die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung hin oder auf den Bauhof, die Grünkolonne und die immer umfangreichere Hausmeisterei und Gebäudereinigung. Zur Aufstockung des Personals haben auch die Übernahme der Volkshochschule und die Gründung einer städtischen Musikschule beigetragen. Wir bekennen uns zu transparenten Personalkosten, die den Beschäftigten vernünftige, tarifgebundene Arbeitsverhältnisse im Öffentlichen Dienst garantieren. Kritisch könnte man nachfragen, ob Stellenmehrungen innerhalb der Kernverwaltung im Rathaus die versprochenen Effizienzgewinne erbringen konnten? Eine detaillierte Organisationsprüfung scheint uns nach wie vor dringlich, vor allem auch unter dem Aspekt der notwendigen Digitalisierung der Verwaltung.

 

Mit großem Unbehagen haben wir die Praxis der Verwaltung bei der Vergabe von Planungsleistungen, Machbarkeitsstudien oder Konzepten aufgenommen. Wir fordern dazu auf, nicht jede Kleinigkeit gleich an einen Planer zu vergeben und würden uns eine Rückkehr dazu wünschen, solche Dinge vorab mit dem Stadtrat abzusprechen oder zum Beschluss zu führen. Selbst kleinste Maßnahmen haben in jüngster Vergangenheit durch die Beteiligung von Planern zu völlig unerwarteten Kostenentwicklungen geführt. Wir erwarten, dass künftig in den Planungen Alternativen erarbeitet werden. Dabei könnten folgende Fragestellungen hilfreich sein:

1.) Was ist unabdingbar notwendig?

2.) Was scheint aus Sicht der Verwaltung sinnvoll?

3.) Was könnte wünschenswert sein?

 

Es macht in unseren Augen keinen Sinn, immer wieder völlig überzogene Ansprüche zu fördern. In diesem Zusammenhang fordern wir die Verwaltung dazu auf, Planer enger in ihren Vorstellungen zu führen und an die Absichten aus den Beschlüssen des Stadtrats zu erinnern. Um es klar zu sagen: „Wenn einer abhebt, muss man ihn eben schon vorab auf den Boden der Tatsachen zurückführen.“ Zu einer unabdingbaren Richtschnur muss dabei auch der Gedanke an den dauerhaften Erhalt und an die Folgekosten der Vorhaben werden.

 

Wir begrüßen den Kostenansatz für Probebohrungen zur Schaffung eines dritten Brunnens zur Sicherung der Trinkwasserversorgung aus dem Gewinnungsgebiet „Obereichholz“. Auch dies wird die Stadt, wie die Bürgerinnen und Bürger auch, finanziell fordern. Aber die Trinkwasserversorgung muss auf sichere Füße gestellt werden. Neben dem Brunnenbau wird auch die Absicherung eines entsprechenden Schutzgebietes, mit nach wie vor ungelösten Problemen, und die Frage der Reduzierung der hohen Nitratwerte, finanzielle Mittel erfordern.

 

Wir weisen in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass die Frage eines verbesserten Anschlusses des Gewinnungsgebiets an die Hochbehälter selbst rein planerisch unbeantwortet geblieben ist. Hohe Investitionen in das städtische Versorgungsnetz stehen wohl bevor, um die Trinkwasserversorgung nachhaltig zu sichern. Überdies war bislang der Bau eines neuen Gebäudes für das Wasserwerk im Gespräch.

 

Auch in Fragen der Abwasserentsorgung gilt es die rechtlichen Entwicklungen im Auge zu behalten. Die Einführung zusätzlicher Klärstufen etwa für Mikroplastik, Arzneimittelrückstände oder andere chemische Einträge werden fachlich bereits erörtert.

 

Dies alles führt uns zu folgender Anmerkung: Wenn wir uns über notwendige Gebührenerhöhungen für die Bürgerinnen und Bürger an vielen Stellen unterhalten – und das werden wir wohl müssen – muss im Hintergrund mitbedacht werden, dass durch anstehende Neukalkulationen die Preise für Wasser und Abwasser vermutlich spürbar ansteigen könnten. Wir plädieren für das notwendige Augenmaß im Interesse der Bürgerinnen und Bürger.

 

Wir hoffen schon in Kürze das einstige Wonnemar nach langer rechtlicher Auseinandersetzung in unsere städtische Verfügungsgewalt übertragen zu können. Wir begrüßen es, dass man unsere Handlungsfähigkeit im Haushaltsplan mit der Summe von 1 Million € unmittelbar herstellen will. Es gilt aber die Frage zu stellen, wie mit diesen Mitteln das neue Maradies wieder in Betrieb genommen werden kann. Es ist zu klären, in welcher Form, in welchem Umfang und in welcher zeitlichen Folge dies geschehen kann. Wir befürchten, dass dazu auch dauerhaft erhebliche finanzielle Mittel notwendig sein könnten. Dies gilt vor allem, wenn man auch einen energetisch nachhaltigen Betrieb der gesamten Anlage in Betracht zieht. Die Zeiten haben sich in dieser Hinsicht seit der Planung und Eröffnung deutlich verändert.

 

In Sachen Schule und Kinderbetreuung laufen uns die Zeit und damit verbunden auch die Kosten davon. Die Erweiterung der Friedrich-Fleischmann-Grundschule hat sich schon in der Planung als ein zeitlich langwieriger Prozess mit beträchtlichen Kostensteigerungen erwiesen. Es gilt hier nunmehr auf die Tube zu drücken. Nicht nur die Schulfamilie erwartet das. Ähnliches müssen wir bei der Verbandsschule am Maradies feststellen. Die dortige Sanierung und Erweiterung wird uns künftig mit deutlich erhöhten Umlagekosten finanziell belasten.

 

Was uns aber geradezu frustriert ist die Tatsache, dass wir mit dem Bau einer Kindertagesstätte in der Kernstadt seit der Einweihung der Kita Baumhofstraße im Jahr 2019 keinen Schritt vorangekommen sind und zu viel Zeit mit sinnlosen Diskussionen über Alternativen verloren haben. Wir fordern, dass möglichst umgehend die Voraussetzungen für ein Vergabeverfahren für die Planungen einer neuen Kita an der Ludwigstraße geschaffen werden. Die Zeit drängt!

 

Für die SPD-Fraktion bleibt der barrierefreie Ausbau der Innenstadt ein Projekt mit hoher Priorität. Größten Wert legen wir auf eine zeitnahe Umsetzung des Komfortstreifens auch in der Obertorstraße. Dem wird dann die Neugestaltung des Marktplatzes möglichst unmittelbar folgen müssen.

 

Die Sanierung von Ortsstraßen mit den Ver- und Entsorgungsanlagen in der Kernstadt und den Stadtteilen zählt zu den fraglos unverzichtbaren Maßnahmen zum Erhalt der Infrastruktur. Wir begrüßen die entsprechenden Ansätze zur Planung. In welcher Folge die einzelnen Schritte dann umsetzbar sind, ist den finanziellen Gegebenheiten entsprechend zu klären. Wir weisen aber ausdrücklich darauf hin, dass auf die Planung für die Sudetenstraße/Gründleinstraße dann auch zügig eine Umsetzung folgen muss. Dort stehen wir bei den Anwohnerinnen und Anwohnern seit langem im Wort. Die dortigen Zustände nach Starkregenereignissen sind nicht hinnehmbar.

 

Eine angemessene Unterbringung von obdachlos gewordenen Menschen gehört zu den kommunalen Pflichtaufgaben. Wir begrüßen in diesem Zusammenhang den Ansatz für zusätzliche Wohncontainer. Auf längere Frist wird man sich jedoch Gedanken um einen menschenwürdigen Ersatz für die bisherige Lösung im Bahnhofsgelände machen müssen.

 

Mit dem Kauf des Alten Pfarrhauses und des Pfarrgartens hat die Stadt einen wichtigen Schritt zur Sicherung historischer Substanz in der Altstadt gewagt. Es gilt nun mit diesem sicher kostenträchtigen Pfund zu wuchern und einen wichtigen Schritt zur Belebung zu machen. Vorrangig wird gegenwärtig eine anspruchsvolle planerische Debatte im Einklang mit den Erfordernissen des Denkmalschutzes sein. Es gilt zu klären, welche Funktionen zu welchen Kosten in welchen Teilschritten erreichbar sind. Gründlichkeit geht in unserem Sinn bei diesem Projekt vor schnellen Ergebnissen. Was nicht heißen soll, dass wir eine unendliche Geschichte im Blick hätten.

 

In der nächsten Stadtratssitzung werden wir uns auf unseren Antrag hin mit dem Thema der Dorferneuerung in unseren Stadtteilen befassen. Hierbei wird es nach einer beachtlichen Bilanz auch um eine Fortführung und Neubewertung gehen müssen. Das LEADER-Förderprogramm, von dem wesentliche Projekte der sechs Gemeinde-Entwicklungs-Konzepte profitierten, ist nahezu unbemerkt in eine neue Förderperiode mit veränderten Bedingungen überführt worden. Wir denken, dass es notwendig ist, im Kontakt mit dem Amt für Ländliche Entwicklung über die Fortführung noch ausstehender Vorhaben wie der einzelnen Konzepte zu sprechen.

 

Kritisch bleibt zu fragen, ob wir die erwünschten Belebungen der Altorte in den Stadtteilen erzielen konnten. Keinen wesentlichen Fortschritt sehen wir im Bemühen, Wohnbauflächen in den Altorten zu mobilisieren. Wir bedauern es, dass die Verwaltung auch nach Jahren noch keine Diskussionsgrundlage für ein einschlägiges Förderprogramm vorlegen konnte und fordern, die Ansätze aus dem Haushalt des Vorjahres fortzuschreiben.

 

Das Thema der künftigen Wärmeversorgung hat viele Diskussionen, Unwillen und Unsachlichkeit mit sich gebracht. Wir begrüßen es, eine kommunale Wärmeplanung frühzeitig, zumindest in ihrer Dimension, anzugehen. An erster Stelle gilt das auch für eine nachhaltige Wärmeversorgung städtischer Gebäude. In diesem Zusammenhang weisen wir vorrangig auf die bisherigen städtischen Wohngebäude mit gut 30 Wohneinheiten hin.

 

Zum Ende unserer Haushaltsrede für das Haushaltsjahr 2024 möchte ich noch erwähnen, dass es wünschenswert gewesen wäre, wenn aus der Haushaltsrede des Bürgermeisters Diskussionspunkte oder wenigstens eine gewisse Richtung in der Vorgehensweise für das kommende Haushaltsjahr hervorgegangen wären. Dies fehlte uns etwas. Wir hoffen natürlich, dass unser Bürgermeister die Erkenntnis gewonnen hat, dass die Erwartungshaltung an die Stadt, auch in punkto freiwillige Leistungen, nicht, wie in der Vergangenheit, immer höhergeschraubt wird.

 

Abschließend möchte ich namens meiner Fraktion allen danken, die in unserer Stadt ehrenamtlich für das Gemeinwohl tätig sind, insbesondere unseren Hilfs- und Rettungsdiensten sowie der Polizei, aber auch den Menschen, die sich im sozialen, kulturellen und kirchlichen Bereich einbringen sowie in unseren Vereinen mitarbeiten. Dank auch den Mitwirkenden in den Beiräten und Arbeitskreisen. Einschließen in diesen Dank möchte ich ausdrücklich auch all jene, die unsere Arbeit mit konstruktiver Kritik anregend begleiten. Auch einen besonderen Dank an die Presse. Zu „guter Letzt“ meinen herzlichsten Dank auch Ihnen, Herr Bürgermeister, und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung sowie den Kolleginnen und Kollegen des Stadtrates für die durchweg gute Zusammenarbeit.

 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.“