Sitzung: 21.11.2023 Stadtrat
Für die Fraktion
der SPD nimmt Fraktionsvorsitzender Hermann Menig Stellung zum Haushaltsentwurf
2024 wie folgt:
„Sehr geehrter Herr
Bürgermeister, werte Kolleginnen und Kollegen des Stadtrates, Vertreter der
Verwaltung, der Presse und interessierte Zuhörer hier im Ratssaal.
Zunächst herzlichen
Dank an Frau Herrmann, die trotz mannigfaltiger Aufgaben und Geschehnisse es
schaffte, einen Haushaltsentwurf vorzulegen. Dank vorab auch schon mal an den
Herrn Bürgermeister, der unsere Forderung nach Streckung des zeitlichen Ablaufs
der Haushaltsberatungen (siehe auch Haushaltsrede vom 23.11.2021) bereits per
Stadtratsbeschluss vor wenigen Wochen für die Haushaltsberatungen 2024 erfüllen
konnte.
Ja, verehrte
Zuhörerinnen und Zuhörer, sieht man die zu Grunde liegenden Zahlen des
Haushaltsentwurfes 2024, muss man zwangsläufig erkennen, dass die „fetten
Jahre“, auch in Marktheidenfeld, wohl Geschichte sind. Steigende Ausgaben und
geringere Einnahmen zeigen im Ergebnis, dass auf Rücklagen der Stadt
zurückgegriffen werden muss, um einen ausgeglichenen Haushalt zu gewährleisten.
Nach einem Haushalt
des „Luftholens“ für das Jahr 2023 muss nun 2024 ein Haushalt der
Neuorientierung aufgrund der aktuellen, unerfreulichen Einnahmeentwicklung bei
der Gewerbesteuer erfolgen.
Zielsetzung wird
dabei die Konzentration auf Pflichtaufgaben, wie Schulen, Kitas oder
Infrastruktur sein müssen. Die Zeit der „Leuchtturmprojekte“ und großformatigen
Konzepte ist zumindest zunächst vorüber. Dabei gilt es dennoch, Ruhe zu
bewahren und nach Wegen zu suchen, das dauerhaft erhalten zu können, was die
Stadt und ihre Stadtteile ausmacht.
Unsere derzeitige
finanzielle Situation erlaubt es uns noch, Weichen für die künftige
Finanzplanung zu stellen, ohne dass wir unmittelbar in „Schnappatmung“ geraten
müssten. Manches auf der Einnahmen- und Ausgabeseite ist aber mit nachhaltiger
Betrachtung auf den Prüfstand zu stellen. Dazu sind wir mit Augenmaß bereit.
Die Orientierung in
diesem Jahr sollte dazu dienen, sich im Klaren zu sein, dass man Begonnenes
fortführen und zu Ende bringen muss. Neue Projekte sollten nicht begonnen
werden, bevor andere, ältere, in Planung befindliche, immer kostenintensiver
werdende Vorhaben auf der Zielgeraden sind. Es macht doch keinen Sinn, immer
neue Machbarkeitsstudien und Planungen mit hohen Kosten in Auftrag zu geben und
neue Dinge anzuschieben, die vielleicht erst in Jahren realisiert werden
können. Wir schlagen hier – wiederholt – vor, eine Prioritätenliste zu
diskutieren und diese jährlich fortzuschreiben.
Im aktuellen
Haushaltsplan zeigen sich die Beteiligungen an der Umsatz- und Einkommenssteuer
mit gut 11 Millionen € als relativ verlässliche Einnahme. Eine erwartete
Gewerbesteuer von rund 9,5 Millionen fällt aber deutlich ernüchternd hinter die
gewohnten Zahlen aus den Vorjahren zurück. Es ist zu befürchten, dass diese
Delle sich als länger anhaltend herausstellen könnte. Ausschlaggebend dafür
sind nicht allein die gegenwärtig bescheidenden Konjunkturaussichten der
Gesamtwirtschaft und einzelner Branchen. Vielmehr machen die bisweilen schwer
nachvollziehbaren Möglichkeiten steuerrechtlicher Optimierungen, vor allem für
Konzerne und Großunternehmen, die Gewerbesteuer zu einer schwierigen Grundlage
kommunaler Finanzen. Trotzdem regen wir an, eine Anhebung des Hebesatzes der
Gewerbesteuer um 20 oder 30 von Hundert in Erwägung zu ziehen.
Auch die Hebesätze
der Grundsteuer könnten zur Diskussion für eine gemäßigte Anhebung gestellt
werden. Hier fragen wir uns aber, ob der aktuelle Zeitpunkt dazu jetzt richtig
ist? Die Auswirkungen der Reform der Grundsteuer sind gegenwärtig von vielen
Bürgerinnen und Bürgern noch schwer abzuschätzen. Für die Städte und Gemeinden
soll die Reform zu einem aufkommensgleichen Ergebnis führen, was aus heutiger
Sicht wohl kaum abschließend zu beurteilen ist.
Personalausgaben
von deutlich über 15 Millionen € lassen nicht nur auf den ersten Blick bei den
Ausgaben des Verwaltungshaushalts aufhorchen. Aber bei fast 300 städtischen
Beschäftigten in Voll- und Teilzeit finden sich im Stellenplan viele
Positionen, die in vergleichbaren Städten in andere Bereiche, etwa in
Stadtwerke, Trägerschaften oder ausgelagerte Dienstleistungsverträge verschoben
sind. Sie zeigen sich häufig auf Dauer keineswegs als besonders kostengünstig.
Sie schlagen sich lediglich nicht mehr unter den Personalkosten, sondern an
anderer Stelle nieder.
Neben dem großen
Bereich der Kitas weisen wir auf die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung
hin oder auf den Bauhof, die Grünkolonne und die immer umfangreichere
Hausmeisterei und Gebäudereinigung. Zur Aufstockung des Personals haben auch
die Übernahme der Volkshochschule und die Gründung einer städtischen
Musikschule beigetragen. Wir bekennen uns zu transparenten Personalkosten, die
den Beschäftigten vernünftige, tarifgebundene Arbeitsverhältnisse im
Öffentlichen Dienst garantieren. Kritisch könnte man nachfragen, ob
Stellenmehrungen innerhalb der Kernverwaltung im Rathaus die versprochenen
Effizienzgewinne erbringen konnten? Eine detaillierte Organisationsprüfung
scheint uns nach wie vor dringlich, vor allem auch unter dem Aspekt der
notwendigen Digitalisierung der Verwaltung.
Mit großem
Unbehagen haben wir die Praxis der Verwaltung bei der Vergabe von
Planungsleistungen, Machbarkeitsstudien oder Konzepten aufgenommen. Wir fordern
dazu auf, nicht jede Kleinigkeit gleich an einen Planer zu vergeben und würden
uns eine Rückkehr dazu wünschen, solche Dinge vorab mit dem Stadtrat
abzusprechen oder zum Beschluss zu führen. Selbst kleinste Maßnahmen haben in
jüngster Vergangenheit durch die Beteiligung von Planern zu völlig unerwarteten
Kostenentwicklungen geführt. Wir erwarten, dass künftig in den Planungen
Alternativen erarbeitet werden. Dabei könnten folgende Fragestellungen
hilfreich sein:
1.) Was ist
unabdingbar notwendig?
2.) Was scheint aus
Sicht der Verwaltung sinnvoll?
3.) Was könnte
wünschenswert sein?
Es macht in unseren
Augen keinen Sinn, immer wieder völlig überzogene Ansprüche zu fördern. In
diesem Zusammenhang fordern wir die Verwaltung dazu auf, Planer enger in ihren
Vorstellungen zu führen und an die Absichten aus den Beschlüssen des Stadtrats
zu erinnern. Um es klar zu sagen: „Wenn einer abhebt, muss man ihn eben schon
vorab auf den Boden der Tatsachen zurückführen.“ Zu einer unabdingbaren
Richtschnur muss dabei auch der Gedanke an den dauerhaften Erhalt und an die
Folgekosten der Vorhaben werden.
Wir begrüßen den
Kostenansatz für Probebohrungen zur Schaffung eines dritten Brunnens zur
Sicherung der Trinkwasserversorgung aus dem Gewinnungsgebiet „Obereichholz“.
Auch dies wird die Stadt, wie die Bürgerinnen und Bürger auch, finanziell
fordern. Aber die Trinkwasserversorgung muss auf sichere Füße gestellt werden.
Neben dem Brunnenbau wird auch die Absicherung eines entsprechenden
Schutzgebietes, mit nach wie vor ungelösten Problemen, und die Frage der
Reduzierung der hohen Nitratwerte, finanzielle Mittel erfordern.
Wir weisen in
diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass die Frage eines verbesserten
Anschlusses des Gewinnungsgebiets an die Hochbehälter selbst rein planerisch
unbeantwortet geblieben ist. Hohe Investitionen in das städtische
Versorgungsnetz stehen wohl bevor, um die Trinkwasserversorgung nachhaltig zu
sichern. Überdies war bislang der Bau eines neuen Gebäudes für das Wasserwerk
im Gespräch.
Auch in Fragen der
Abwasserentsorgung gilt es die rechtlichen Entwicklungen im Auge zu behalten.
Die Einführung zusätzlicher Klärstufen etwa für Mikroplastik,
Arzneimittelrückstände oder andere chemische Einträge werden fachlich bereits
erörtert.
Dies alles führt
uns zu folgender Anmerkung: Wenn wir uns über notwendige Gebührenerhöhungen für
die Bürgerinnen und Bürger an vielen Stellen unterhalten – und das werden wir
wohl müssen – muss im Hintergrund mitbedacht werden, dass durch anstehende
Neukalkulationen die Preise für Wasser und Abwasser vermutlich spürbar
ansteigen könnten. Wir plädieren für das notwendige Augenmaß im Interesse der
Bürgerinnen und Bürger.
Wir hoffen schon in
Kürze das einstige Wonnemar nach langer rechtlicher Auseinandersetzung in
unsere städtische Verfügungsgewalt übertragen zu können. Wir begrüßen es, dass
man unsere Handlungsfähigkeit im Haushaltsplan mit der Summe von 1 Million €
unmittelbar herstellen will. Es gilt aber die Frage zu stellen, wie mit diesen
Mitteln das neue Maradies wieder in Betrieb genommen werden kann. Es ist zu
klären, in welcher Form, in welchem Umfang und in welcher zeitlichen Folge dies
geschehen kann. Wir befürchten, dass dazu auch dauerhaft erhebliche finanzielle
Mittel notwendig sein könnten. Dies gilt vor allem, wenn man auch einen
energetisch nachhaltigen Betrieb der gesamten Anlage in Betracht zieht. Die
Zeiten haben sich in dieser Hinsicht seit der Planung und Eröffnung deutlich
verändert.
In Sachen Schule
und Kinderbetreuung laufen uns die Zeit und damit verbunden auch die Kosten
davon. Die Erweiterung der Friedrich-Fleischmann-Grundschule hat sich schon in
der Planung als ein zeitlich langwieriger Prozess mit beträchtlichen
Kostensteigerungen erwiesen. Es gilt hier nunmehr auf die Tube zu drücken.
Nicht nur die Schulfamilie erwartet das. Ähnliches müssen wir bei der
Verbandsschule am Maradies feststellen. Die dortige Sanierung und Erweiterung
wird uns künftig mit deutlich erhöhten Umlagekosten finanziell belasten.
Was uns aber
geradezu frustriert ist die Tatsache, dass wir mit dem Bau einer
Kindertagesstätte in der Kernstadt seit der Einweihung der Kita Baumhofstraße
im Jahr 2019 keinen Schritt vorangekommen sind und zu viel Zeit mit sinnlosen
Diskussionen über Alternativen verloren haben. Wir fordern, dass möglichst
umgehend die Voraussetzungen für ein Vergabeverfahren für die Planungen einer
neuen Kita an der Ludwigstraße geschaffen werden. Die Zeit drängt!
Für die
SPD-Fraktion bleibt der barrierefreie Ausbau der Innenstadt ein Projekt mit
hoher Priorität. Größten Wert legen wir auf eine zeitnahe Umsetzung des
Komfortstreifens auch in der Obertorstraße. Dem wird dann die Neugestaltung des
Marktplatzes möglichst unmittelbar folgen müssen.
Die Sanierung von
Ortsstraßen mit den Ver- und Entsorgungsanlagen in der Kernstadt und den
Stadtteilen zählt zu den fraglos unverzichtbaren Maßnahmen zum Erhalt der
Infrastruktur. Wir begrüßen die entsprechenden Ansätze zur Planung. In welcher
Folge die einzelnen Schritte dann umsetzbar sind, ist den finanziellen Gegebenheiten
entsprechend zu klären. Wir weisen aber ausdrücklich darauf hin, dass auf die
Planung für die Sudetenstraße/Gründleinstraße dann auch zügig eine Umsetzung
folgen muss. Dort stehen wir bei den Anwohnerinnen und Anwohnern seit langem im
Wort. Die dortigen Zustände nach Starkregenereignissen sind nicht hinnehmbar.
Eine angemessene
Unterbringung von obdachlos gewordenen Menschen gehört zu den kommunalen
Pflichtaufgaben. Wir begrüßen in diesem Zusammenhang den Ansatz für zusätzliche
Wohncontainer. Auf längere Frist wird man sich jedoch Gedanken um einen
menschenwürdigen Ersatz für die bisherige Lösung im Bahnhofsgelände machen
müssen.
Mit dem Kauf des
Alten Pfarrhauses und des Pfarrgartens hat die Stadt einen wichtigen Schritt
zur Sicherung historischer Substanz in der Altstadt gewagt. Es gilt nun mit
diesem sicher kostenträchtigen Pfund zu wuchern und einen wichtigen Schritt zur
Belebung zu machen. Vorrangig wird gegenwärtig eine anspruchsvolle planerische
Debatte im Einklang mit den Erfordernissen des Denkmalschutzes sein. Es gilt zu
klären, welche Funktionen zu welchen Kosten in welchen Teilschritten erreichbar
sind. Gründlichkeit geht in unserem Sinn bei diesem Projekt vor schnellen
Ergebnissen. Was nicht heißen soll, dass wir eine unendliche Geschichte im
Blick hätten.
In der nächsten
Stadtratssitzung werden wir uns auf unseren Antrag hin mit dem Thema der
Dorferneuerung in unseren Stadtteilen befassen. Hierbei wird es nach einer
beachtlichen Bilanz auch um eine Fortführung und Neubewertung gehen müssen. Das
LEADER-Förderprogramm, von dem wesentliche Projekte der sechs
Gemeinde-Entwicklungs-Konzepte profitierten, ist nahezu unbemerkt in eine neue
Förderperiode mit veränderten Bedingungen überführt worden. Wir denken, dass es
notwendig ist, im Kontakt mit dem Amt für Ländliche Entwicklung über die
Fortführung noch ausstehender Vorhaben wie der einzelnen Konzepte zu sprechen.
Kritisch bleibt zu
fragen, ob wir die erwünschten Belebungen der Altorte in den Stadtteilen
erzielen konnten. Keinen wesentlichen Fortschritt sehen wir im Bemühen,
Wohnbauflächen in den Altorten zu mobilisieren. Wir bedauern es, dass die
Verwaltung auch nach Jahren noch keine Diskussionsgrundlage für ein
einschlägiges Förderprogramm vorlegen konnte und fordern, die Ansätze aus dem
Haushalt des Vorjahres fortzuschreiben.
Das Thema der
künftigen Wärmeversorgung hat viele Diskussionen, Unwillen und Unsachlichkeit
mit sich gebracht. Wir begrüßen es, eine kommunale Wärmeplanung frühzeitig,
zumindest in ihrer Dimension, anzugehen. An erster Stelle gilt das auch für
eine nachhaltige Wärmeversorgung städtischer Gebäude. In diesem Zusammenhang
weisen wir vorrangig auf die bisherigen städtischen Wohngebäude mit gut 30
Wohneinheiten hin.
Zum Ende unserer
Haushaltsrede für das Haushaltsjahr 2024 möchte ich noch erwähnen, dass es
wünschenswert gewesen wäre, wenn aus der Haushaltsrede des Bürgermeisters
Diskussionspunkte oder wenigstens eine gewisse Richtung in der Vorgehensweise
für das kommende Haushaltsjahr hervorgegangen wären. Dies fehlte uns etwas. Wir
hoffen natürlich, dass unser Bürgermeister die Erkenntnis gewonnen hat, dass
die Erwartungshaltung an die Stadt, auch in punkto freiwillige Leistungen,
nicht, wie in der Vergangenheit, immer höhergeschraubt wird.
Abschließend möchte
ich namens meiner Fraktion allen danken, die in unserer Stadt ehrenamtlich für
das Gemeinwohl tätig sind, insbesondere unseren Hilfs- und Rettungsdiensten
sowie der Polizei, aber auch den Menschen, die sich im sozialen, kulturellen
und kirchlichen Bereich einbringen sowie in unseren Vereinen mitarbeiten. Dank
auch den Mitwirkenden in den Beiräten und Arbeitskreisen. Einschließen in
diesen Dank möchte ich ausdrücklich auch all jene, die unsere Arbeit mit konstruktiver
Kritik anregend begleiten. Auch einen besonderen Dank an die Presse. Zu „guter
Letzt“ meinen herzlichsten Dank auch Ihnen, Herr Bürgermeister, und den
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung sowie den Kolleginnen und
Kollegen des Stadtrates für die durchweg gute Zusammenarbeit.
Vielen Dank für
Ihre Aufmerksamkeit.“