Für die Fraktion der Freien Wähler spricht Fraktionsvorsitzender Burkhart Wagner und nimmt Stellung zum Haushaltsentwurf 2024 wie folgt:

 

„Sehr geehrter Herr Bürgermeister, werte Ratskolleginnen und -kollegen, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, geschätzte Vertreter der Verwaltung und der Presse!

 

„Marktheidenfeld – da geht’s Dir gut!“

Dieser Slogan hat uns längere Zeit begleitet und steht im wahrsten Sinne des Wortes für die Rahmenbedingungen und die Lebensqualität in unserer Stadt. Von den Vorrednern wurden verschiedene politische Herausforderungen angesprochen. Diese Geschehnisse haben zweifelsfrei Auswirkungen auf unsere Stadt und unser politische Wirken. Einen unmittelbaren Einfluss auf diese Abläufe haben wir jedoch nicht, sondern uns obliegt es, mit diesen Entwicklungen bestmöglich für unsere Stadt umzugehen.

 

„Marktheidenfeld – da geht’s Dir gut!“

Diese Aussage beruht nach wie vor auch auf unseren diversen Einnahmequellen. Sicher sind wir hier auch konjunkturabhängig, jedoch können wir feststellen, dass wir auch weiterhin in der Lage sind, unsere Pflichtaufgaben gut zu erfüllen. Hierfür gilt es allen Beteiligten unseren ausdrücklichen Dank aussprechen.

 

Auch wird durchgängig stets das gemeinnützige Engagement verbal gewürdigt. Hier ist im Hinblick auf die entsprechenden Haushaltsansätze jeder einzelne € sinnvoll und gerechtfertigt. Die verschiedensten Vereine, Einrichtungen und Institutionen sind wesentliche Träger unserer Gesellschaft und das überwiegend im Ehrenamt. Die gesellschaftlichen Veränderungen und Herausforderungen sind jedoch nicht ausschließlich hierüber zu bewältigen, sondern vielmehr bedarf es hier der aktiven und handelnden Unterstützung. Hierzu später mehr!

 

Die Haushaltsberatungen sind ein wesentlicher Auftrag und die bedeutendste Maßnahme unserer Stadtratstätigkeit. Wir als Freie Wähler stehen für eine solide, nachhaltige Finanzpolitik zum Wohle unserer Bürger. Das bedeutet, dass wir bei den städtischen Ausgaben nach wie vor sehr genau prüfen und abwägen müssen, wie wir die Ausgaben – gerade bei längerfristigen Bauprojekten – kontrollieren können. Ganz sicher müssen wir Prioritäten setzen und Wünschenswertes ggf. aufschieben – weil wir an unsere Bürger denken! Nicht nur Gebührenerhöhungen sind das Gebot der Stunde, sondern auch Sparmaßnahmen, auch wenn es schwerfällt.

 

Nachfolgend nehmen wir zu verschiedenen Themenbereichen differenziert Stellung:

 

Personal

Erfreulicherweise hat sich die Situation hinsichtlich der Personalakquise entspannt und unsere Stadt wird als attraktiver Arbeitgeber erkannt. Als besonders sinnhaft betrachten wir die Schaffung von Ausbildungsplätzen in den verschiedensten Abteilungen. Leider müssen wir erneut auf unseren Antrag zum Thema Job-Rad aus den Haushaltsberatungen aus 2022 verweisen. Die fehlende Umsetzung dieser Tarifvereinbarung ist nicht mehr länger nachvollziehbar.

 

Soziale Stadt/Bildungseinrichtungen/Jugendarbeit und -förderung

Hier beantragen wir die Schaffung einer Stelle eines Streetworkers bzw. Sozialarbeiters im Sinne der aufsuchenden sozialen Arbeit mit den Schwerpunkten Kinder, Jugendliche, Familien und Neubürger. Wir sehen hier einen notwendigen Tätigkeitsschwerpunkt und eine Verbindungsstelle zu Vereinen und Behörden sowie unserem Familienstützpunkt. Wie uns allen bedauerlicherweise bekannt ist, gibt es immer wieder Gewaltdelikte in verschiedensten Settings. Unseres Erachtens erscheint es sinnvoll, hier den Austausch und die Zusammenarbeit mit unserer Nachbarstadt Lohr zu suchen, um eventuell eine übergreifende Stelle zu schaffen. Denn auch dort wird die Schaffung einer solchen Stelle als wichtiger Baustein einer präventiven Arbeit für und mit jungen Menschen erachtet. Die Notwendigkeiten und die Bedürfnisse entsprechender Personengruppen können nicht alleine durch ehrenamtliche Arbeit bewältigt werden.

 

Ein unumgänglicher Schwerpunkt wird in den nächsten Jahren auf der Ertüchtigung und dem Neubau von Bildungs- und Betreuungseinrichtungen liegen. Unsere Grundschule bedarf einer Erweiterung, die Mittelschule steht kurz vor dem Beginn der Sanierung und Ergänzung der Gebäude, zwei Kindertagesstätten müssen errichtet werden und der Betrieb unseres Schwimmbades wird uns vor allem finanziell erheblich herausfordern. Die notwendigen Investitionskosten werden unsere Rücklagen aufbrauchen. Das bedeutet im Ergebnis, dass wir uns andere sehr kostenintensive Projekte aktuell nur schwer vorstellen können. Hier wiederholen wir erneut den Grundsatz für Planung und Umsetzung: Notwendiges statt Wünschenswertem.

 

Eine Verbesserungsmöglichkeit ohne besonderen finanziellen Aufwand möchten wir zur Diskussion stellen. Es ist beobachtbar, dass sich die Bedürfnisse und Vorstellungen von Heiratswilligen verändert haben. Nicht alle Paare wünschen sich neben der standesamtlichen auch eine konfessionelle Vermählung. Nachdem es in unserer Stadt aktuell nur eine begrenzte Räumlichkeit gibt, treten hier für einige Hochzeitspaare räumliche Probleme auf. Da der Trausaal im Franck-Haus nur Platz für ca. 25 Personen bietet, können einige Gäste der direkten standesamtlichen Trauung nur am Rande beiwohnen. Wir bitten deshalb um Prüfung, ob es andere größere Räumlichkeiten oder sogar die Option im Freien gibt, um Trauungen durchzuführen.

 

Nachdem die beiden Aussegnungshallen in der Kernstadt und im Stadtteil Altfeld umgestaltet wurden, stehen nun Ertüchtigungen und die Herstellung von barrierearmen Nutzungsmöglichkeiten in den Stadtteilen Glasofen und Zimmern an. Die Wege sind hier entsprechend zu gestalten, vorhandene Handläufe durchgehend zu erweitern und weitere anzubringen. Weiter als zwingend notwendig erachten wir die Installation von Ruhebänken und auch Sonnenschutz. Die Bepflanzung mit Bäumen ist hier als vorrangige und geeignete Maßnahme zu betrachten.

 

Infrastruktur/ÖPNV

Erfreulicherweise ist es uns gelungen, dass zunehmend mehr Bushaltestellen barrierearm ausgebaut wurden. Leider haben wir noch keine Rückmeldung zur Haltestelle „Am Graben“ im Stadtteil Altfeld. Gut erkennbar sind aktuell viele Maßnahmen im Straßen- und Kanalbau sowie der Schaffung von digitalen Infrastrukturmaßnahmen. Diese behindern zuweilen unseren Alltag, jedoch erachten wir diese als dringend notwendig.

 

Ergänzend hierzu beantragen wir nach Abschluss der Baumaßnahmen in der Würzburger Straße die Umkehr der Einbahnregelung in der Friedenstraße. Dieses Teilstück wird sehr stark von Kindern und Jugendlichen als Schulweg genutzt, hier gilt es die Sicherheit dieser Personengruppe besonders zu beachten.

 

Stadtentwicklung/Umwelt

In diesem Bereich sehen wir weiterhin akuten und notwendigen Handlungsbedarf. Das Thema Klimawandel ist sicher eine globale Herausforderung und ist unumstritten und wissenschaftlich eindeutig bewiesen. Es wäre hier ein Leichtes und auf die Landes-, Bundes- und Europapolitik zu verweisen. Doch sehen wir auch für unsere Stadt eine der großen Herausforderungen für die Zukunft. Die allseits bekannten negativen Begleiterscheinungen (extreme Trockenheit, Wasserknappheit, Hitze-/Dürreperioden, Überhitzung der Innenstädte, Hitzetote, das Waldsterben allgemein und das Baumsterben in der Stadt, Artenverlust, Extremereignisse der Witterung (Niederschlag, Stürme), Bodenerosion, etc.) verursachen schon heute massive Schäden bei Menschen und an der Natur und somit unser aller Lebensgrundlage. Diese Schäden müssen bewiesenermaßen schon heute durch einen hohen finanziellen Aufwand behoben werden. Um dieser negativen Entwicklung, welche auch unsere Stadt betrifft, entgegenzuwirken, sollten zeitnah entsprechende Maßnahmen ergriffen werden.

 

Hier einige Beispiele: mehr Grün in die Stadt durch Baumpflanzungen, Schaffung von zusätzlichen Grünzonen, Häuserbegrünung, Entsiegelung von versiegelten Flächen, Schaffung von Retentionsflächen, mehr Zisternen, Wasserrückhalt in der Fläche, Anpflanzung von Hecken an intensiv genutzten Ackerflächen, Verbot von Schottergärten. Hier muss auch jede Kommune aktiv werden, durch gezielte Aufklärungsarbeit und auch finanzielle Anreize für unsere Bürgerschaft, dem Klimawandel entsprechend entgegenzuwirken, um die Lebens- und Aufenthaltsqualität in unserer Stadt für alle zu erhöhen und zu erhalten. Hier sehen wir den kreativen Ideen des städtischen Umweltbeirats und des Umweltbeauftragten keine Grenzen gesetzt.

 

Wir erwarten hier auch endlich die verpflichtende Umsetzung des Grünordnungsplanes im Gewerbegebiet Schlossfeld, wie auch im Umgriff der ehemaligen Interimshalle unserer Feuerwehr, welche einer anderen Nutzung zugeführt wurde. Wir beantragen auch hier die Einhaltung der Grünordnung und gärtnerische Gestaltung des Umfeldes. An den Ortseingängen wird gerne von „Portalsituationen“ gesprochen, das sehen wir hier eindeutig gegeben. Die aktuelle Gestaltung ist wenig einladend.

 

Im Bereich der Maradies-Seen beantragen wir die Errichtung einer Brauchwasserzisterne. Durch die Ausweitung der zu pflegenden Grünflächen und den erhöhten Bedarf an Brauchwasser für die Versorgung von Pflanzen und Bäumen sehen wir hier eine absolute Notwendigkeit. Einerseits bedingt durch Starkregen-Ereignisse aber auch durch längere Trockenphasen im Jahresverlauf erscheint diese Maßnahme nicht nur ökonomisch, sondern auch ökologisch notwendig. Nach Aussagen unseres Bauhofes war zuletzt die Zisterne in der Bahnhofstraße trockengefallen und notwendige Bewässerungsmaßnahmen mussten auch mit Trinkwasser durchgeführt werden.

 

Eine sehr wichtige und notwendige Maßnahme erkennen wir in der Teilrenaturierung und dem Hochwasserschutz des Erlenbachs. Bereits in unserer letzten Stellungnahme zum Haushalt hatten wir ausdrücklich darauf hingewiesen. Durch die Starkregenereignisse und ausgelöste Schäden an Fronleichnam, vor allem in unseren Nachbargemeinden, sehen wir uns in der Notwendigkeit bestätigt. Erneut verweisen wir auf das Förderprogramm Auf zu lebendigen Bächen“ der Regierung von Unterfranken, welches eine Förderung in Höhe von 90 % anbietet. Diese Maßnahme beziffern wir mit einer Gesamtsumme von 400.000 €. Aus dringlichen Gründen hat die Regierung von Unterfranken notwendigerweise erst kürzlich einen Erörterungstermin mit beteiligten Kommunen anberaumt. Unsere Verwaltung sollte hierzu informiert sein.

 

Energie

Auch wenn sich die durch den unsäglichen russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ausgelöste Energiekrise etwas abgeschwächt hat, sollte weiterhin aus ökonomischen aber auch aus ökologischen Gründen das Energiesparen für die Stadtverwaltung, aber auch für uns alle eine hohe Priorität genießen. Ein langfristiger Verzicht auf fossile Energieträger muss vorrangiges Ziel für unsere Energieversorgung der Zukunft sein. Teil dieser Maßnahmen beinhaltet das Ausarbeiten eines für Städte und Kommunen geforderten Konzeptes für die kommunale Wärmeversorgung der Zukunft. Hier muss die Stadtverwaltung aktiv bleiben und schon heute die entsprechende Vorarbeit für diese sinnvolle und notwendige Umgestaltung der kommunalen Energieversorgung leisten. Zuständigkeiten müssen klar definiert werden.

 

Denkbar ist für uns auch, bspw. für Windkraftanlagen die Gründung von Bürgergenossenschaften anzuregen bzw. zu fördern, um dadurch die Akzeptanz für diese Art der Energiegewinnung zu erhöhen. Neben unseren wiederholten Anträgen hinsichtlich der Ausstattung von städtischen und öffentlichen Gebäuden mit PV-Anlagen (z. B. alte TV-Turnhalle, ehem. Landwirtschaftsschule, Fränkisches Haus etc.) beantragen wir die Überarbeitung der städtischen Sanierungssatzung im Sanierungsgebiet Altstadt. Wir sehen keinerlei Notwendigkeit bzw. Rechtfertigung, den Eigentümern in diesem Gebiet die Nutzung erneuerbarer Energien zu erschweren oder zu verhindern.

 

In den letzten Jahren wurden seitens der Stadt erhebliche Investitionen in die Errichtung von Neubauten, in Bestandsgebäude sowie in den Ankauf von historischen Gebäuden getätigt. Der Unterhalt und der Betrieb lösen jedoch nicht unerhebliche Kosten für den städtischen Haushalt aus. Aus diesem Blickwinkel darf ich überleiten zum Themenbereich

 

Finanzen.

Als Freie Wähler sehen wir unsere Kommune als Leistungsträgerin für unsere Bürgerinnen und Bürger. Damit das auch künftig auf gesicherter finanzieller Grundlage möglich ist, bedarf es einer sorgsamen Überwachung der Entwicklung im Bereich unserer zahlreichen Groß-/Bauprojekte (Grund- und Mittelschule, Kitas, Straßen und Kanalbau). Hier erwarten wir nach wie vor eine die Projekte begleitende und auf die Zukunft ausgerichtete indexierte Übersicht der Kostenentwicklung, um möglichst frühzeitig auf Fehlentwicklungen reagieren zu können.

 

Gerade für unser Schwimmbad sehen wir, nach über dreijähriger Schließung und gerichtlichen Auseinandersetzungen, die Pflicht gegenüber unseren Bürgerinnen und Bürgern, dass wir als Stadtrat zusammen mit der Verwaltung – sobald als möglich – Ideen und Pläne anschieben und öffentlich darlegen, wie das Bad künftig organisatorisch, baulich und damit natürlich auch finanziell ausgestattet werden muss, um wieder ein Bad für unsere Bürgerinnen und Bürger zu sein. Wir müssen unseren Mitbürgern auch ganz offen und klar kommunizieren, welche finanziellen Belastungen uns bevorstehen.

 

Notwendigerweise haben wir durch entsprechende Beschlüsse verschiedene Gebühren bei kommunalen Dienstleistungen und Pflichtaufgaben angepasst. Hier gilt es auch weiterhin wachsam die weitere Entwicklung zu beobachten. Jedoch gilt es auch hier alle Einnahmequellen zu untersuchen, und deshalb stehen wir einer intensiven Betrachtung und Abwägung hinsichtlich einer Anpassung von Hebesätzen der Gewerbesteuer nicht ablehnend gegenüber.

 

Besonders kritisch sehen wir die Entwicklung der Ausgaben im Bereich Stadtmarketing, Kultur und Tourismus. Sicher ist es wünschenswert, dass unsere Stadt durch Aktionen und Events den Alltag und das Zusammenleben bereichert. Jedoch müssen wir feststellen, dass das Wohlergehen unserer Stadt sich nicht vorrangig auf Gewinne und Einnahmen aus diesen Bereichen stützt.

 

Abschließend gilt unser Dank allen städtischen Bediensteten für ihr engagiertes Wirken. Unseren ausdrücklichen Dank richten wir an unsere Kämmerin, Frau Herrmann, mit ihrem Team, für die erneut sehr gute und umsichtige Zusammenstellung, Aufbereitung und Darstellung des städtischen Haushaltes für das Jahr 2024.

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, werte Stadtratskolleginnen und -kollegen, auf ein gutes Miteinander zum Wohle unserer Stadt und in der Hoffnung, dass es uns weiterhin in Marktheidenfeld gut gehen möge!“