Sitzung: 21.11.2023 Stadtrat
Für die Fraktion
der Freien Wähler spricht Fraktionsvorsitzender Burkhart Wagner und nimmt
Stellung zum Haushaltsentwurf 2024 wie folgt:
„Sehr
geehrter Herr Bürgermeister, werte Ratskolleginnen und -kollegen, liebe
Mitbürgerinnen und Mitbürger, geschätzte Vertreter der Verwaltung und der
Presse!
„Marktheidenfeld – da geht’s Dir gut!“
Dieser
Slogan hat uns längere Zeit begleitet und steht im wahrsten Sinne des Wortes
für die Rahmenbedingungen und die Lebensqualität in unserer Stadt. Von den
Vorrednern wurden verschiedene politische Herausforderungen angesprochen. Diese
Geschehnisse haben zweifelsfrei Auswirkungen auf unsere Stadt und unser
politische Wirken. Einen unmittelbaren Einfluss auf diese Abläufe haben wir
jedoch nicht, sondern uns obliegt es, mit diesen Entwicklungen bestmöglich für
unsere Stadt umzugehen.
„Marktheidenfeld – da geht’s Dir gut!“
Diese
Aussage beruht nach wie vor auch auf unseren diversen Einnahmequellen. Sicher
sind wir hier auch konjunkturabhängig, jedoch können wir feststellen, dass wir
auch weiterhin in der Lage sind, unsere Pflichtaufgaben gut zu erfüllen.
Hierfür gilt es allen Beteiligten unseren ausdrücklichen Dank aussprechen.
Auch
wird durchgängig stets das gemeinnützige Engagement verbal gewürdigt. Hier ist
im Hinblick auf die entsprechenden Haushaltsansätze jeder einzelne € sinnvoll
und gerechtfertigt. Die verschiedensten Vereine, Einrichtungen und Institutionen
sind wesentliche Träger unserer Gesellschaft und das überwiegend im Ehrenamt.
Die gesellschaftlichen Veränderungen und Herausforderungen sind jedoch nicht
ausschließlich hierüber zu bewältigen, sondern vielmehr bedarf es hier der
aktiven und handelnden Unterstützung. Hierzu später mehr!
Die Haushaltsberatungen sind ein wesentlicher Auftrag und die
bedeutendste Maßnahme unserer Stadtratstätigkeit. Wir als Freie Wähler stehen
für eine solide, nachhaltige Finanzpolitik zum Wohle unserer Bürger. Das
bedeutet, dass wir bei den städtischen Ausgaben nach wie vor sehr genau prüfen
und abwägen müssen, wie wir die Ausgaben – gerade bei längerfristigen
Bauprojekten – kontrollieren können. Ganz sicher müssen wir Prioritäten setzen
und Wünschenswertes ggf. aufschieben – weil wir an unsere Bürger denken! Nicht
nur Gebührenerhöhungen sind das Gebot der Stunde, sondern auch Sparmaßnahmen,
auch wenn es schwerfällt.
Nachfolgend nehmen wir zu
verschiedenen Themenbereichen differenziert Stellung:
Personal
Erfreulicherweise hat sich die Situation hinsichtlich der
Personalakquise entspannt und unsere Stadt wird als attraktiver Arbeitgeber
erkannt. Als besonders sinnhaft betrachten wir die Schaffung von
Ausbildungsplätzen in den verschiedensten Abteilungen. Leider müssen wir erneut
auf unseren Antrag zum Thema Job-Rad aus den Haushaltsberatungen aus 2022
verweisen. Die fehlende Umsetzung dieser Tarifvereinbarung ist nicht mehr
länger nachvollziehbar.
Soziale
Stadt/Bildungseinrichtungen/Jugendarbeit und -förderung
Hier beantragen
wir die Schaffung einer Stelle eines Streetworkers bzw. Sozialarbeiters im
Sinne der aufsuchenden sozialen Arbeit mit den Schwerpunkten Kinder,
Jugendliche, Familien und Neubürger. Wir sehen hier einen notwendigen
Tätigkeitsschwerpunkt und eine Verbindungsstelle zu Vereinen und Behörden sowie
unserem Familienstützpunkt. Wie uns allen bedauerlicherweise bekannt ist, gibt
es immer wieder Gewaltdelikte in verschiedensten Settings. Unseres Erachtens
erscheint es sinnvoll, hier den Austausch und die Zusammenarbeit mit unserer
Nachbarstadt Lohr zu suchen, um eventuell eine übergreifende Stelle zu
schaffen. Denn auch dort wird die Schaffung einer solchen Stelle als wichtiger
Baustein einer präventiven Arbeit für und mit jungen Menschen erachtet. Die
Notwendigkeiten und die Bedürfnisse entsprechender Personengruppen können nicht
alleine durch ehrenamtliche Arbeit bewältigt werden.
Ein unumgänglicher Schwerpunkt wird in den nächsten Jahren
auf der Ertüchtigung und dem Neubau von Bildungs- und Betreuungseinrichtungen
liegen. Unsere Grundschule bedarf einer Erweiterung, die Mittelschule steht
kurz vor dem Beginn der Sanierung und Ergänzung der Gebäude, zwei
Kindertagesstätten müssen errichtet werden und der Betrieb unseres Schwimmbades
wird uns vor allem finanziell erheblich herausfordern. Die notwendigen
Investitionskosten werden unsere Rücklagen aufbrauchen. Das bedeutet im
Ergebnis, dass wir uns andere sehr kostenintensive Projekte aktuell nur schwer
vorstellen können. Hier wiederholen wir erneut den Grundsatz für Planung und
Umsetzung: Notwendiges statt
Wünschenswertem.
Eine Verbesserungsmöglichkeit ohne besonderen finanziellen
Aufwand möchten wir zur Diskussion stellen. Es ist beobachtbar, dass sich die
Bedürfnisse und Vorstellungen von Heiratswilligen verändert haben. Nicht alle
Paare wünschen sich neben der standesamtlichen auch eine konfessionelle
Vermählung. Nachdem es in unserer Stadt aktuell nur eine begrenzte Räumlichkeit
gibt, treten hier für einige Hochzeitspaare räumliche Probleme auf. Da der
Trausaal im Franck-Haus nur Platz für ca. 25 Personen bietet, können einige
Gäste der direkten standesamtlichen Trauung nur am Rande beiwohnen. Wir bitten
deshalb um Prüfung, ob es andere
größere Räumlichkeiten oder sogar die Option im Freien gibt, um Trauungen
durchzuführen.
Nachdem die beiden Aussegnungshallen in der Kernstadt und im
Stadtteil Altfeld umgestaltet wurden, stehen nun Ertüchtigungen und die
Herstellung von barrierearmen Nutzungsmöglichkeiten in den Stadtteilen Glasofen
und Zimmern an. Die Wege sind hier entsprechend zu gestalten, vorhandene
Handläufe durchgehend zu erweitern und weitere anzubringen. Weiter als zwingend
notwendig erachten wir die Installation von Ruhebänken und auch Sonnenschutz.
Die Bepflanzung mit Bäumen ist hier als vorrangige und geeignete Maßnahme zu
betrachten.
Infrastruktur/ÖPNV
Erfreulicherweise ist es uns gelungen, dass zunehmend mehr
Bushaltestellen barrierearm ausgebaut wurden. Leider haben wir noch keine
Rückmeldung zur Haltestelle „Am Graben“ im Stadtteil Altfeld. Gut erkennbar
sind aktuell viele Maßnahmen im Straßen- und Kanalbau sowie der Schaffung von
digitalen Infrastrukturmaßnahmen. Diese behindern zuweilen unseren Alltag,
jedoch erachten wir diese als dringend notwendig.
Ergänzend hierzu beantragen
wir nach Abschluss der Baumaßnahmen in der Würzburger Straße die
Umkehr der Einbahnregelung in der Friedenstraße. Dieses Teilstück wird sehr
stark von Kindern und Jugendlichen als Schulweg genutzt, hier gilt es die
Sicherheit dieser Personengruppe besonders zu beachten.
Stadtentwicklung/Umwelt
In diesem Bereich sehen wir weiterhin akuten und notwendigen
Handlungsbedarf. Das Thema Klimawandel ist sicher eine globale Herausforderung
und ist unumstritten und wissenschaftlich eindeutig bewiesen. Es wäre hier ein
Leichtes und auf die Landes-, Bundes- und Europapolitik zu verweisen. Doch
sehen wir auch für unsere Stadt eine der großen Herausforderungen für die
Zukunft. Die allseits bekannten negativen Begleiterscheinungen (extreme
Trockenheit, Wasserknappheit, Hitze-/Dürreperioden, Überhitzung der
Innenstädte, Hitzetote, das Waldsterben allgemein und das Baumsterben in der
Stadt, Artenverlust, Extremereignisse der Witterung (Niederschlag, Stürme),
Bodenerosion, etc.) verursachen schon heute massive Schäden bei Menschen und an
der Natur und somit unser aller Lebensgrundlage. Diese Schäden müssen
bewiesenermaßen schon heute durch einen hohen finanziellen Aufwand behoben
werden. Um dieser negativen Entwicklung, welche auch unsere Stadt betrifft,
entgegenzuwirken, sollten zeitnah entsprechende Maßnahmen ergriffen werden.
Hier einige Beispiele: mehr Grün in die Stadt durch
Baumpflanzungen, Schaffung von zusätzlichen Grünzonen, Häuserbegrünung,
Entsiegelung von versiegelten Flächen, Schaffung von Retentionsflächen, mehr
Zisternen, Wasserrückhalt in der Fläche, Anpflanzung von Hecken an intensiv
genutzten Ackerflächen, Verbot von Schottergärten. Hier muss auch jede Kommune
aktiv werden, durch gezielte Aufklärungsarbeit und auch finanzielle Anreize für
unsere Bürgerschaft, dem Klimawandel entsprechend entgegenzuwirken, um die
Lebens- und Aufenthaltsqualität in unserer Stadt für alle zu erhöhen und zu
erhalten. Hier sehen wir den kreativen Ideen des städtischen Umweltbeirats und
des Umweltbeauftragten keine Grenzen gesetzt.
Wir erwarten hier
auch endlich die verpflichtende Umsetzung des Grünordnungsplanes im
Gewerbegebiet Schlossfeld, wie auch im Umgriff der ehemaligen Interimshalle
unserer Feuerwehr, welche einer anderen Nutzung zugeführt wurde. Wir beantragen auch hier die
Einhaltung der Grünordnung und gärtnerische Gestaltung des Umfeldes. An den
Ortseingängen wird gerne von „Portalsituationen“ gesprochen, das sehen wir hier
eindeutig gegeben. Die aktuelle Gestaltung ist wenig einladend.
Im Bereich der Maradies-Seen beantragen wir die Errichtung einer Brauchwasserzisterne.
Durch die Ausweitung der zu pflegenden Grünflächen und den erhöhten Bedarf an
Brauchwasser für die Versorgung von Pflanzen und Bäumen sehen wir hier eine
absolute Notwendigkeit. Einerseits bedingt durch Starkregen-Ereignisse aber
auch durch längere Trockenphasen im Jahresverlauf erscheint diese Maßnahme
nicht nur ökonomisch, sondern auch ökologisch notwendig. Nach Aussagen unseres
Bauhofes war zuletzt die Zisterne in der Bahnhofstraße trockengefallen und
notwendige Bewässerungsmaßnahmen mussten auch mit Trinkwasser durchgeführt
werden.
Eine sehr wichtige und notwendige Maßnahme erkennen wir in
der Teilrenaturierung und dem Hochwasserschutz des Erlenbachs. Bereits in
unserer letzten Stellungnahme zum Haushalt hatten wir ausdrücklich darauf
hingewiesen. Durch die Starkregenereignisse und ausgelöste Schäden an
Fronleichnam, vor allem in unseren Nachbargemeinden, sehen wir uns in der
Notwendigkeit bestätigt. Erneut verweisen wir auf das Förderprogramm „Auf zu lebendigen Bächen“ der
Regierung von Unterfranken, welches eine Förderung in Höhe von 90 % anbietet.
Diese Maßnahme beziffern wir mit einer Gesamtsumme von 400.000 €. Aus
dringlichen Gründen hat die Regierung von Unterfranken notwendigerweise erst
kürzlich einen Erörterungstermin mit beteiligten Kommunen anberaumt. Unsere
Verwaltung sollte hierzu informiert sein.
Energie
Auch wenn sich die durch den unsäglichen russischen
Angriffskrieg auf die Ukraine ausgelöste Energiekrise etwas abgeschwächt hat,
sollte weiterhin aus ökonomischen aber auch aus ökologischen Gründen das
Energiesparen für die Stadtverwaltung, aber auch für uns alle eine hohe
Priorität genießen. Ein langfristiger Verzicht auf fossile Energieträger muss
vorrangiges Ziel für unsere Energieversorgung der Zukunft sein. Teil dieser
Maßnahmen beinhaltet das Ausarbeiten eines für Städte und Kommunen geforderten
Konzeptes für die kommunale Wärmeversorgung der Zukunft. Hier muss die Stadtverwaltung aktiv
bleiben und schon heute die entsprechende Vorarbeit für diese sinnvolle und
notwendige Umgestaltung der kommunalen Energieversorgung leisten.
Zuständigkeiten müssen klar definiert werden.
Denkbar ist für uns auch, bspw. für Windkraftanlagen die
Gründung von Bürgergenossenschaften anzuregen bzw. zu fördern, um dadurch die
Akzeptanz für diese Art der Energiegewinnung zu erhöhen. Neben unseren wiederholten Anträgen hinsichtlich
der Ausstattung von städtischen und öffentlichen Gebäuden mit PV-Anlagen (z. B.
alte TV-Turnhalle, ehem. Landwirtschaftsschule, Fränkisches Haus etc.) beantragen wir die
Überarbeitung der städtischen Sanierungssatzung im Sanierungsgebiet Altstadt.
Wir sehen keinerlei Notwendigkeit bzw. Rechtfertigung, den Eigentümern in
diesem Gebiet die Nutzung erneuerbarer Energien zu erschweren oder zu
verhindern.
In den letzten Jahren wurden seitens der Stadt erhebliche
Investitionen in die Errichtung von Neubauten, in Bestandsgebäude sowie in den
Ankauf von historischen Gebäuden getätigt. Der Unterhalt und der Betrieb lösen
jedoch nicht unerhebliche Kosten für den städtischen Haushalt aus. Aus diesem
Blickwinkel darf ich überleiten zum Themenbereich
Finanzen.
Als Freie Wähler sehen wir unsere Kommune als
Leistungsträgerin für unsere Bürgerinnen und Bürger. Damit das auch künftig auf
gesicherter finanzieller Grundlage möglich ist, bedarf es einer sorgsamen
Überwachung der Entwicklung im Bereich unserer zahlreichen Groß-/Bauprojekte
(Grund- und Mittelschule, Kitas, Straßen und Kanalbau). Hier erwarten wir nach
wie vor eine die Projekte begleitende und auf die Zukunft ausgerichtete
indexierte Übersicht der Kostenentwicklung, um möglichst frühzeitig auf
Fehlentwicklungen reagieren zu können.
Gerade für unser Schwimmbad sehen wir, nach über dreijähriger
Schließung und gerichtlichen Auseinandersetzungen, die Pflicht gegenüber
unseren Bürgerinnen und Bürgern, dass wir als Stadtrat zusammen mit der
Verwaltung – sobald als möglich – Ideen und Pläne anschieben und öffentlich
darlegen, wie das Bad künftig organisatorisch, baulich und damit natürlich auch
finanziell ausgestattet werden muss, um wieder ein Bad für unsere Bürgerinnen
und Bürger zu sein. Wir müssen unseren Mitbürgern auch ganz offen und klar
kommunizieren, welche finanziellen Belastungen uns bevorstehen.
Notwendigerweise haben wir durch entsprechende Beschlüsse
verschiedene Gebühren bei kommunalen Dienstleistungen und Pflichtaufgaben
angepasst. Hier gilt es auch weiterhin wachsam die weitere Entwicklung zu
beobachten. Jedoch gilt es auch hier alle
Einnahmequellen zu untersuchen, und deshalb stehen wir einer
intensiven Betrachtung und Abwägung hinsichtlich einer Anpassung von Hebesätzen
der Gewerbesteuer nicht ablehnend gegenüber.
Besonders kritisch sehen wir die Entwicklung der Ausgaben im
Bereich Stadtmarketing, Kultur und Tourismus. Sicher ist es wünschenswert, dass
unsere Stadt durch Aktionen und Events den Alltag und das Zusammenleben
bereichert. Jedoch müssen wir feststellen, dass das Wohlergehen unserer Stadt
sich nicht vorrangig auf Gewinne und Einnahmen aus diesen Bereichen stützt.
Abschließend gilt unser Dank allen städtischen Bediensteten
für ihr engagiertes Wirken. Unseren ausdrücklichen Dank richten wir an unsere
Kämmerin, Frau Herrmann, mit ihrem Team, für die erneut sehr gute und
umsichtige Zusammenstellung, Aufbereitung und Darstellung des städtischen
Haushaltes für das Jahr 2024.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, werte Stadtratskolleginnen
und -kollegen, auf ein gutes Miteinander zum Wohle unserer Stadt und in der
Hoffnung, dass es uns weiterhin in Marktheidenfeld
gut gehen möge!“