Sitzung: 09.11.2023 Stadtrat
Erster Bürgermeister Thomas Stamm nimmt zum Haushaltsentwurf 2024 Stellung wie folgt:
„Sehr geehrte
Kolleginnen und Kollegen des Stadtrats,
Sehr geehrte
Bürgerinnen und Bürger,
Sehr geehrte
Vertreter der Verwaltung, Kämmerin Frau Herrmann
Sehr geehrte
Pressevertreter,
mit dem
vorliegenden Haushaltsentwurf für das Haushaltsjahr 2024 liegt Ihnen der von
der Verwaltung erarbeitete Finanzplan für das Jahr 2024 und die langfristige
Finanzplanung vor.
Die geplanten
Einnahmen und Ausgaben im Verwaltungs- und Vermögenshaushalt ergeben im
vorliegenden Haushaltsentwurf für das Jahr 2024 ein Gesamtvolumen von 89 Mio.
€. Die Beschäftigten im Rathaus und den Außenstellen haben ihre Vorstellungen
eingebracht, die Kämmerin hat diese zusammengeführt und in den vorliegenden
Haushaltsentwurf eingearbeitet.
Wir schlagen dem
Stadtrat vor, mit der Zustimmung zu diesem Haushalt die Grundlagen für die
tägliche Arbeit im nächsten Jahr zu schaffen, die Investitionen zu finanzieren
und somit die notwendigen Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen. Die
Entwürfe des Verwaltungs- und des Vermögenshaushalts wurden von der Kämmerin
der Stadt Marktheidenfeld Frau Herrmann am 24.10.2023 und am 07.11.2023 dem
Finanz- und Wirtschaftsausschuss öffentlich vorgestellt und beraten.
Allerdings wurde
bereits in diesen beiden Sitzungen klar, dass wir vor herausfordernden
Haushaltsberatungen stehen. Nach der heutigen Sitzung und meiner Stellungnahme
zum Haushaltsentwurf für das Jahr 2024 können die Beratungen in den Fraktionen
weitergeführt werden. Es folgen in der Stadtratssitzung am 21.11.2023 die
Stellungnahmen aller fünf im Stadtrat vertretenen Fraktionen zum
Haushaltsentwurf für das Jahr 2024 durch die Fraktionsvorsitzenden.
Nach diesen
Stellungnahmen, die erfahrungsgemäß und sicherlich in diesem Jahr besonders mit
haushaltsrelevanten Anträgen verbunden sind, werden diese durch die Kämmerin
zusammengefasst und am 05.12.2023 die notwendigen Beschlüsse hierzu gefasst.
Diese Änderungen werden dann in den Haushaltsplan eingearbeitet, und die
Beschlussfassung über die Haushaltssatzung ist am 14.12.2023 vorgesehen.
Anschließend
erfolgt die Prüfung und Stellungnahme durch die Rechtsaufsicht beim Landratsamt
Main-Spessart. Wir hoffen zu Beginn des nächsten Jahres mit dem neuen Haushalt
arbeiten zu können. Bis dahin werden nur Ausgaben für begonnene Projekte und
laufende Verwaltungsausgaben getätigt.
Mit dem jetzt
vorliegenden Zeitplan kommen wir dem Wunsch des Stadtrats nach, die
Haushaltsplanung für das kommende Jahr noch im laufenden Jahr abzuschließen und
versuchen wieder den für uns „normalen“ Zeitablauf für die Haushaltsplanung zu
kommen.
Der zum Haushalt
gehörende Stellenplan für das Jahr 2024 wurde mit dem Personalausschuss
vorberaten und im Finanz- und Wirtschaftsausschuss in den nichtöffentlichen
Sitzungen am 24.10.2023 und am 07.11.2023 beraten. Der Stellenplan mit den für
2024 vorgesehenen Änderungen im Personalbereich wird als Anlage zum Haushalt
2024 am 14.12.2023 mit beschlossen.
Die Veränderungen
beim Stellenplan betreffen überwiegend Beförderungen und Höhergruppierungen
unserer städtischen Bediensteten. Unser Ziel ist, unsere Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter leistungsgerecht zu bezahlen und als Arbeitgeber attraktiv zu sein.
Ein nicht leichtes Unterfangen bei inzwischen fast 300 Beschäftigten der
Stadtverwaltung mit allen Außenstellen. Natürlich gelingt es nicht immer auf
alle Wünsche einzugehen und alle Vorstellungen zu erfüllen.
Verändern wollen
wir die Reinigung unserer städtischen Kindertageseinrichtungen. Teilweise
werden diese Einrichtungen bereits durch eigenes Personal gereinigt. Die guten
Erfahrungen haben uns bewogen, auch weitere Kitas wieder mit eigenem Personal
zu reinigen.
Im
Ausbildungsbereich wollen wir im kommenden Jahr einen Auszubildenden als
Landschaftsgärtner/in einstellen, zwei Ausbildungsstellen zur Fachkraft für
Wasserversorgungstechnik und eine Ausbildungsstelle zur Fachkraft für
Abwassertechnik besetzen.
Langfristig wollen
wir in diesen Arbeitsbereichen auf eigenen Nachwuchs setzen und sich
abzeichnende Versetzungen in den Ruhestand auffangen.
Einzig neu
geschaffen wurde eine Teilzeitstelle bei der Volkshochschule um den ständig
höher werdenden Aufwand für die Integrationskurse der Geflüchteten
organisatorisch abzuwickeln.
Sehr geehrte
Kolleginnen und Kollegen des Stadtrats, sehr geehrte Gäste, sehr geehrte
Pressevertreter,
wir feiern in
dieses Jahr 75 Jahre Stadt Marktheidenfeld, bisher mit sehr gelungenen
Veranstaltungen verschiedenster Prägung. Ein Jubiläumsjahr, das uns auf der
einen Seite sicherlich sehr positiv in Erinnerung bleiben wird, aber auch ein
Jahr, das im Finanzgefüge der Stadt Marktheidenfeld einen großen Einschnitt
bedeutet. Die in den vergangenen Jahren schon fast gewohnten guten Einnahmen
aus der Gewerbesteuer werden voraussichtlich deutlich geringer. Wir planen
aktuell mit einem Rückgang von ca. 5 Mio. € und können letztlich noch nicht
absehen, wie sich die tatsächliche Einnahmesituation darstellen wird. Zu
unsicher ist eine seriöse Vorhersage der tatsächlichen Steuerzahlungen.
Aktuell hat unsere
Kämmerin bei der Aufstellung des Haushaltsentwurfs mit den derzeit vorliegenden
Informationen der Gewerbebetriebe geplant. Zudem müssen wir in 2024 mit 15 Mio.
€ eine hohe Kreisumlage an den Landkreis Main-Spessart abführen, diese ist der
guten Einnahmesituation des Jahres 2022 geschuldet.
Alleine durch diese
beiden Komponenten ergibt sich im Verwaltungshaushalt eine Deckungslücke von
ca. 8 Mio. €. Diese muss durch eine Zuführung aus dem Vermögenshaushalt
ausgeglichen werden, d. h. wir müssen diese Beträge aus unseren Rücklagen
entnehmen.
Natürlich ist das
mit dem Blick auf unsere Rücklagen von aktuell möglich, aber eigentlich ist
diese Zuführung im kommunalen Finanzgefüge so nicht vorgesehen. Eine
Kreditaufnahme zum Ausgleich des Haushalts ist somit nicht notwendig und würde
auch durch das staatliche Landratsamt als Aufsichtsbehörde für die kommunalen
Haushalte nicht genehmigt.
Der Verwaltungshaushalt
sollte einen Überschuss erwirtschaften, der dem Vermögenshaushalt zugeführt
wird und somit für Investitionen zur Verfügung steht. Der aktuellen Entwicklung
gilt es entgegen zu wirken und im kommenden Jahr besonders im
Verwaltungshaushalt die Einnahme-Situation zu überprüfen und die entsprechenden
Ausgaben im Blick zu haben. Ich erinnere an die erste Sitzung des Finanz- und
Wirtschaftsausschusses, bei der die Kämmerin die Grundsätze der kommunalen
Einnahmebeschaffung deutlich gemacht hat.
Neben den
Steuereinnahmen bilden die Gebühren einen wesentlichen Teil der kommunalen
Einnahmen. Die der Kommune zustehenden Anteile an der Einkommensteuer und der
Umsatzsteuer sind meist eine stabile Rechengröße. Die Einnahmen aus der
Gewerbesteuer hingegen sind natürlich stark von der wirtschaftlichen Situation
und den konjunkturellen Rahmenbedingungen der Marktheidenfelder Unternehmen
abhängig.
Die Gebühren und
die Hebesätze der kommunalen Steuern konnten wir in der Vergangenheit aufgrund
unserer komfortablen Finanzsituation immer im Vergleich zu anderen Städten
unserer Größe und des Umlands niedrig halten. Mit dem Blick auf die anstehenden
Investitionen und die langfristige Finanzplanung ist künftig eine deutlich
vorsichtigere Ausgabenpolitik notwendig.
Die aktuelle
Situation bedarf jedoch auch einen genaueren Blick auf die zurückliegende
Entwicklung und die bisherigen Haushaltsentwicklungen. Die vergangenen Jahre
waren stets geprägt von guten Gewerbesteuereinnahmen. Durch diese manchmal auch
außergewöhnlich hohen Einnahmen konnte die Stadt Marktheidenfeld viele Projekte
umsetzen, die nicht zu den Pflichtaufgaben gehören und besonders im Bereich der
sogenannten freiwilligen Leistungen entsprechende Ausgaben tätigen.
Viele kommunale
Einrichtungen sind zum Wohl der Bevölkerung entstanden. Diese gilt es
allerdings auch dauerhaft zu bewirtschaften und zu unterhalten. Aus meiner
Sicht müssen wir konsequent, maßvoll aber dauerhaft unsere Einnahmen erhöhen,
müssen Gebühren und Messbeträge anpassen und im Vergleich mit anderen Städten
unserer Größe „aufholen“. Gleichzeitig müssen wir einen kritischen Blick auf
unsere Ausgaben werfen und entsprechende Reduzierungen anstreben.
Umsichtig müssen
wir zudem unsere Personalkosten betrachten. Ein Blick in die Ausgaben im
Verwaltungshaushalt zeigt einen Anteil von 15 Mio. € für unsere Personalkosten.
Alleine die tariflichen Steigerungen von ca. 10 % bedeuten für uns als
Arbeitgeber Mehrausgaben von ca. 1,5 Mio. €, für die es keine Gegenfinanzierung
gibt.
Einen kritischen
Blick müssen wir natürlich auf den gesamten Bereich der Freiwilligen Leistungen
werfen und überlegen, wo wir Einschränkungen vornehmen können und müssen.
Dieser Bereich umfasst den kulturellen und den Veranstaltungsbereich, die
Musik- und Volkshochschule, unsere Bibliothek, das Jugendzentrum, Bürgerhäuser
und den gesamten Bereich der Sport- und Vereinsförderung.
Für die Überprüfung
der Nutzungsbedingungen der städtischen Liegenschaften und die vielfältigen
Förderungen habe wir bereits eine Arbeitsgruppe gebildet, um diesen gesamten
Bereich zu betrachten.
Bei unseren
Pflichtaufgaben, die besonders den Bereich der Kindertagesstätten und Schulen
sowie unsere Infrastrukturmaßnahmen betreffen, müssen wir auch weiterhin
investieren. Der Baubeginn für die Erweiterung der
Friedrich-Fleischmann-Grundschule soll 2024 erfolgen. Die Planung steht und es
fehlt noch die schulaufsichtliche Genehmigung der Regierung von Unterfranken.
Auf dem gleichen Gelände an der Ludwigstraße wird der Neubau einer
Kindertagestätte geplant.
Bereits bei den
Sitzungen des Finanz- und Wirtschaftsausschusses hatte ich „schmerzliche
Einschnitte“ in allen Bereichen angekündigt. Konnten wir in den letzten Jahren
doch sehr großzügig wirtschaften und investieren, bedarf es im kommenden Jahr
einer großen Haushaltsdisziplin und vieler Überlegungen für künftige
Einsparungen bzw. Einnahmeverbesserungen. Deshalb sehe ich das kommende
Haushaltsjahr als ein Jahr von vielen Überlegungen für die städtischen
Finanzen.
Genau in der
Vielfalt der Möglichkeiten sehe ich auch eine Chance, die Veränderungen nicht
drastisch vornehmen zu müssen. Es muss uns gelingen, in vielen Bereichen
Einnahmen maßvoll und gerecht zu erhöhen und die Ausgaben entsprechend zu
reduzieren. Das bedarf hierzu allerdings gemeinsamer Anstrengungen unserer
gesamten Belegschaft und auch für uns als Stadtrat.
Konkret haben wir
aus der Verwaltung bereits die Investitionen im Tiefbau überdacht. Die begonnen
und beschlossenen Maßnahmen im Straßenbau werden fertiggestellt und
durchgeführt (Claushofstraße, Spessartstraße, Unterführung Äußerer Ring,
Würzburger Straße). Für alle weiteren Straßen (Sudetenstraße. Mittelstraße,
Forsthausstraße, Kreuzbergstraße) werden wir die Planungen beauftragen und
letztlich aufgrund der aktuellen Situation bewerten, welche Tiefbaumaßnahmen
wir umsetzen.
Zudem gestaltet
sich die Personalsituation im Bauamt aktuell schwierig, bedingt durch
Personalwechsel und Krankheitsfälle müssen wir flexibel reagieren.
Unsere Zielsetzung
in den letzten Jahren war stark auf die Erneuerung der Infrastrur ausgelegt,
die Erneuerung von Straßen, Kanal- und Wasserleitungen wurde intensiv
betrieben. Diese Maßnahmen müssen wir auch künftig im Blick haben und zudem die
Planung unserer Wasserversorgung weiterführen. Die Bohrung eines weiteren
Brunnens ist geplant. Das verschafft uns Spielraum in der langfristigen
Finanzplanung.
In der
Stellungnahme zum Haushalt 2024 muss natürlich die aktuelle Situation zum
Wonnemar betrachtet werden. Wir erwarten am 29.11.2023 das Urteil des Obersten
Landgerichts in München. Sollte dies wie von der vorsitzenden Richterin in der
letzten Verhandlung mitgeteilt ausfallen, liegt uns die Vollstreckbarkeit des
Schiedsspruchs vor. Erst wenn diese Schritte umgesetzt sind, können wir seriös
den notwendigen Sanierungsaufwand ermitteln und eine belastbare Aussage zur den
anfallenden Kosten machen. Bis dahin bleibt eine Unsicherheit im
Haushaltsgefüge. Wir haben 1 Mio. € eingestellt, um ggf. handlungsfähig zu
sein.
Trotz aller
finanziellen Unwägbarkeiten sind wir stolz und sehr dankbar für die vielen
Firmen, Unternehmen und Handwerker in unserer Stadt. Sie sorgen nach wie vor
für hohe Beschäftigungszahlen und tragen mit ihren Gewerbesteuerzahlungen einen
wesentlichen Teil zur Finanzierung unseres Gemeinwesens bei.
Mein ganz
besonderer und persönlicher Dank gilt unserer gesamten Verwaltung, den
Beschäftigten in den Kindertageseinrichtungen, den Außenstellen Bauhof,
Kläranlage, Wasserwerk, VHS, Musikschule, Stadtbibliothek und dem Franck-Haus
für die geleistete Arbeit. Wir werden ständig mit neuen Herausforderungen
konfrontiert. Wir haben die Corona Pandemie bewältigt, müssen uns mit den
Auswirkungen der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten beschäftigen und die
Flüchtlingssituation bewältigen.
Ganz besonders
möchte ich mich bei unser Kämmerin Frau Herrmann bedanken, die diesen Haushalt
sehr sorgfältig zusammengestellt hat und unsere städtischen Finanzen
verantwortungsvoll verwaltet.
Mit diesem Haushalt
liegt uns die Arbeitsgrundlage für die Verwaltung und den Stadtrat vor, ein
wiederum anspruchsvoller und interessanter Aufgabenkatalog. Die Umsetzung und
die Entscheidungen werden uns als Stadtrat sicher sehr umfassend beschäftigen.
Ich freue mich, dass wir zusammen diese Aufgabe zum Wohle der Stadt
Marktheidenfeld und ihrer Bürgerinnen und Bürger wahrnehmen.
Deshalb Danke ich
Ihnen, den Stadträtinnen und Stadträten für die sehr konstruktive und angenehme
Zusammenarbeit, dem Geschäftsleitenden Beamten Herrn Hanakam und den
Sachgebietsleitungen für die stets enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Einen ganz besonderen
Dank möchte ich an unsere Blaulichtorganisationen richten. Wir pflegen aktuell
eine herausragende Zusammenarbeit mit Feuerwehr, BRK, THW und Polizei. Ein
herzliches Dankeschön auch an alle ehrenamtlich Tätigen in unseren Vereinen und
kirchlichen Organisationen, die zum Gelingen unseres Gemeinwohls beitragen.
An dieser Stelle
auch ein herzliches Dankeschön an unsere beiden lokalen Tageszeiten Main-Post
und Main-Echo für die immer faire und objektive Berichterstattung der
Stadtratspolitik und der städtischen Ereignisse.“