Für die Fraktion der SPD spricht Fraktionsvorsitzender Hermann Menig.

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, werte Kolleginnen und Kollegen des Stadtrates, Vertreter der Verwaltung, der Presse und interessierte Zuhörer hier im Ratssaal,

 

ich hoffe, dass ich nach vier Vorredner*innen zu vorgerückter Stunde auch noch auf Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit hoffen kann.

 

Natürlich geht schon traditionell am Anfang einer Haushalts-Rede der SPD-Fraktion unser Dank an die Stadtkämmerin, Frau Herrmann, weil die Ausarbeitung des Haushaltsentwurfes von ihr und ihrem Team wieder verständlich aufgezeigt wurde, obwohl erheblicher Mehraufwand an Arbeit anstand. Ich nenne hier nur die Änderungen in der Umsatzsteuer und die Zusatzarbeit der Kämmerin als „Generalkümmerin“ des Wonnemar.

 

Wir müssen ja fast froh sein, dass es nur bis fast zum Ende des 1. Quartals des schon begonnen Haushaltsjahres 2023 gedauert hat, bis belastbare Zahlen vorgelegt werden konnten, wenn man vom fehlenden Stellenplan absieht. Leider waren keine ausführlichen Beratungen des Verwaltungs- und Vermögenshaushalts in Sitzungen des Wirtschafts- und Finanzausschusses möglich, aber unser Bürgermeister hat dies für die nächsten Haushaltsberatungen wieder in Aussicht gestellt.

 

Der Haushaltsplan, der vor uns liegt, gilt für das Jahr des 75-jährigen Stadtjubiläums, das wir in Kürze gebührend feiern wollen. Marktheidenfeld hat in einem Dreivierteljahrhundert eine positive Entwicklung genommen, die ihresgleichen in der Region sucht. Mit dem Jubiläum gehen 70 Jahre Volkshochschule, 25 Jahre Jugendzentrum Main-Haus, 25 Jahre Kulturzentrum Franck-Haus sowie eine gerade gegründete städtische Musikschule einher. Die Stadt bietet für ihre Einwohner und Gäste einiges, und unser aller Ziel sollte es sein, bereits Erreichtes dauerhaft erhalten zu können.

 

Das gilt auch für das leidige Thema Wonnemar. Einen letztlich kaum abschätzbaren Faktor für künftige Haushaltsentwicklungen stellt der Fortgang in Sachen Wonnemar dar. Eine verlässliche Aussage zur Zeitschiene ist kaum zu machen. Wann kann die Freizeitanlage als Maradies 2.0 endlich wieder in Betrieb gehen und in welchem Umfang? Wie wird die künftige Betriebsform aussehen und wie kann dann Personal gefunden werden? Wir werden nachhaltige Antworten finden müssen, auch in finanzieller Hinsicht.

Wir wissen zwar nicht wann und wie es weitergehen wird, haben aber die Gewissheit, dass es weitergehen wird und dass Kosten auf die Stadt zukommen werden. Um zumindest handlungsbereit zu sein, stellen wir deshalb den Antrag, 500.000 € als Ansatz in den Haushalt einzustellen. Eventuell könnte man das von einer anderen Haushaltsstelle umleiten. Ich hätte da auch schon gegebenenfalls eine Idee.

 

In der Bundespolitik spricht man seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs von einer Zeitenwende. Die Auswirkungen dieser Wende werden auch wir deutlich zu spüren bekommen. Gut ist die Stadt Marktheidenfeld in vielerlei Hinsicht durch die Corona-Pandemie gekommen. Die Energiekrise und die sich abzeichnende beschleunigte Abkehr von fossilen Energieträgern wird die Stadt jedoch nicht nur in rein finanzieller Hinsicht vor gewaltige Herausforderungen stellen.

 

Deshalb sollte der Haushaltsplan 2023, von dessen Geltung ein Viertel bereits bald vergangen ist, nach unserer Meinung in erster Linie ein Haushalt der Orientierung sein. Wir müssen unsere Pflichtaufgaben in der Infrastruktur, bei der Wasserversorgung, den Straßen, beim Abwasser, den Kindertagesstätten und den Schulen unbedingt noch stärker in den Blick rücken, um nur einige wichtige Felder anzusprechen.

 

Andere Dinge, die wünschenswert scheinen, werden zumindest vorläufig in den Hintergrund treten. Um es klipp und klar zu sagen, für eine städtische Veranstaltungshalle oder eine aufwändige Mainufergestaltung jenseits der Lösung akuter Probleme in der Verkehrsführung werden wir in den nächsten Jahren weder die finanziellen Mittel, noch die personellen Ressourcen in der Stadtverwaltung zur Verfügung stellen können. In Fragen der Durchführung von Veranstaltungen sollten wir weiterhin auf bereits vorhandene Möglichkeiten zurückgreifen und innerhalb der kommunalen Allianz über eine vernünftige Kooperation mit den Hallen in unmittelbarer Nachbarschaft nachdenken.

 

Die Orientierung in diesem Jahr sollte dazu dienen, sich im Klaren zu sein, dass man Begonnenes fortführen und zu Ende bringen muss. Neue Projekte sollten nicht begonnen werden, bevor andere, ältere, in Planung befindliche, immer kostenintensiver werdende Vorhaben auf der Zielgeraden sind. Es macht doch keinen Sinn, immer neue Machbarkeitsstudien und Planungen mit hohen Kosten in Auftrag zu geben und neue Dinge anzuschieben, die vielleicht erst in Jahren realisiert werden können.

Wir schlagen hier vor, eine Prioritätenliste zu diskutieren und diese jährlich fortzuschreiben.

 

Wir wollen in diesem Jahr übrigens im Wesentlichen davon absehen, viele zusätzliche Anforderungen an den Haushalt 2023 zu stellen. Wir erinnern aber an viele Vorschläge, die in der Verwaltung liegen geblieben sind und nicht oder nicht ausreichend bearbeitet wurden. Vieles steht nun an, zum Beispiel: Sanierung des Streetball-Platzes an den Maradies-Seen, Umsetzung eines Outdoor-Fitnessbereichs für Erwachsene, Gesprächsrunden mit der Landwirtschaft zu den Themen Feldgehölze oder Strukturreichtum in der Landschaft. Zu letztem Punkt wäre auch ein Haushaltsansatz zu prüfen.

 

Leider gibt es bis jetzt auch keinerlei Fortschritte bei Bauleitplanungen zum Thema „Alter Festplatz/Restliches Lermann-Gelände“ oder „Parkplatz Lohgraben“.

 

Besonders bedauern wir, dass wir in Fragen eines Förderprogramms zur wohnbaulichen Entwicklung in den Altorten, vor allem in den Stadtteilen, keinen Schritt vorankommen sind. Die Bauverwaltung hat uns seit Jahren keine Diskussionsgrundlage dazu vorgelegt, obwohl dieses Thema mittlerweile in zahlreichen Kommunen diskutiert und befürwortet wurde. Wir beantragen eine Anschubfinanzierung in Höhe von 50.000 € vorzusehen.

 

Zum Thema Entwicklung in den Stadtteilen bleibt auch anzumerken, dass die GEK-Projekte in den Stadtteilen bilanziert werden müssen. Das bedeutet: Was ist bereits fertiggestellt? Was ist gegebenenfalls in Durchführung und was in Planung, was könnte durchgeführt werden, wie wären die Fördermittel abzurufen, wie ist die Kostenlage? Einen möglichen Haushaltsansatz konnten wir nicht erkennen.

 

Zustimmend nehmen wir zur Kenntnis, dass Bürgermeister Thomas Stamm in seiner Stellungnahme zum Haushalt die kommunalen Pflichtaufgaben besonders in den Blickpunkt rückte. Wir stimmen dem Fortgang bei den Sanierungen von Ortsstraßen im Stadtgebiet ausdrücklich zu. Besonders anmahnen möchten wir allerdings eine zeitnahe Neugestaltung der Sudetenstraße. Dort sind die Oberflächen vor allem auch für Fußgänger mehr als nur eine Zumutung. Mit der Beseitigung von Rückstauproblemen bei Starkregen stehen wir bei den Anwohnern schon seit Jahren im Wort.

Für die Rückstauprobleme im unteren Bereich der Straße „Am Maradies“ hin zur Einmündung Baumhofstraße vermissen wir weiterhin einen Lösungsansatz.

 

Auch weisen wir ausdrücklich auf die Fortführung des barrierefreien Umbaus der Altstadt hin. Nach dem Abschluss der Untertorstraße sollten wir nicht den baldigen Bau von Komfortstreifen in der Obertorstraße übersehen.

 

Die Steigerung der Aufenthaltsqualität ist eine zentrale Aufgabe der Altstadtsanierung, wie dies auch im Integrierten Nachhaltigen Städtebaulichen Entwicklungskonzept (INSEK) festgehalten wurde. Die Neustrukturierung des Marktplatzes sieht dort ebenfalls künftig Komfortstreifen vor. Die Neugestaltung des Marktplatzes geht einher mit dem Zusammenführen der Marktplatzfunktionen und der Außengastronomie. Diese Aufgabe wird schwierig, gilt es doch, vielerlei Interessen gegeneinander abzuwägen und auszugleichen. Jedenfalls macht es für uns keinen Sinn, in der Altstadt nun auf halbem Weg stehen zu bleiben und den barrierefreien Ausbau mitsamt der Marktplatz-Neugestaltung nicht mehr weiter zu verfolgen.

 

Auch die Denkmalspflege in Bezug auf die notwendige Sanierung von Bildstöcken und Klein-Denkmalen nach der Denkmalliste sind sträflich vernachlässigt. Zuletzt war die Rede davon, für diese Aufgabe ein Büro beauftragen zu wollen, was vermutlich die Zeit für dringend nötige Sanierung der Objekte nicht verkürzt, aber die Kosten erhöht. Wir beantragen für diesen Bereich eine kontinuierliche Haushaltsstelle in Höhe von jährlich 20.000 €, um Dinge in der Stadt und in den Stadtteilen nach und nach in Ordnung bringen zu können.

 

In diesem Zusammenhang hoffen wir darauf, in Kürze wieder ein geeignetes Büro zur Beratung bei der Altstadtsanierung finden zu können. Mit Blick auf die dortige Bausubstanz ist darauf zu achten, dass sich eventuell bietende Chancen nachhaltiger Entwicklung wahrgenommen werden können. Mit Blick darauf ist der Ansatz zum Erwerb von Grundstücken oder Gebäuden zu überprüfen.

 

In den vergangenen Jahren haben wir immer wieder eine Prüfung der städtischen Gebäude auf deren Energieeffizienz angemahnt. Nun sehen wir durch die sich abzeichnende Abkehr von fossilen Brennstoffen für Heizzwecke und Warmwasser dringenden Untersuchungs- und Handlungsbedarf. Dieser besteht vorranging für ältere Bestandsgebäude, darunter einige städtische Wohngebäude. Wir dürfen es nicht riskieren, unseren marginalen Einfluss auf den Mietwohnungsmarkt zu verlieren. Wir stehen auch unseren Mietern gegenüber in einer gewissen Verpflichtung. Die Umstellung der betreffenden Heizanlagen und Warmwasseraufbereitungen in unseren Objekten wird uns stark in Anspruch nehmen. Wir beantragen, über ein kontinuierliches Monitoring unserer Gebäude nachzudenken.

 

In Fragen der Wasserversorgung haben wir endlich einen Überblick gewonnen und einen Eindruck von den gewaltigen Herausforderungen. Die Schaffung einer Ergänzung und Alternative mit einem dritten Brunnen am Obereichholz muss zügig verfolgt werden. Bisherige Versäumnisse bei den Schutzgebieten müssen aufgearbeitet werden.

In diesem Zusammenhang erinnern wir an den Hinweis zu einem Einstieg in ein Düngemittelmanagement durch die Fachplanerin. Wir bitten um eine Überprüfung, ob hierfür bereits 2023 finanzielle Mittel benötigt werden.

 

In diesem Gesamtbereich werden wir die Überlegungen zum Bau eines neuen Wasserwerks und einer notwendigen neuen Aufbereitungsanlage nicht aus den Augen verlieren dürfen. Ausdrücklich wollen wir aber auch an dieser Stelle auf die Problematik der bisherigen Zuleitung aus dem Gewinnungsgebiet Obereichholz hin zu den Hochbehältern hinweisen.

 

Wenig Einblick haben wir bislang in die Erfordernisse der Abwasserbeseitigung über die Sanierung von Kanaltrassen hinaus. Stichpunktartig verweisen wir auf die Themen „Chemische Reinigungsstufe“ oder „Mikroplastik“, die in der Fachwelt schon seit längerem angesprochen werden.

 

Das Großbauprojekt „Grundschule“ wird in diesem Jahr wohl an Fahrt aufnehmen und diverse Gebäude werden abgerissen, um Platz für die Erweiterung der Friedrich-Fleischmann-Grundschule zu schaffen. Die Belastungen durch die erhöhten Umlagekosten für den Schulverband werden sich in künftigen Haushalten niederschlagen.

 

Doch kommen wir nun, unter dem Thema Pflichtaufgaben, zu unserem größten Problemkind, dem bedarfsgerechten Ausbau unserer Kindertagesstätten. Hier ist einfach viel zu viel Zeit ins Land gegangen. Nun sollen Erweiterungen Linderung schaffen, und wir sprechen genau über die teuren Interimslösungen, die eigentlich vermieden werden sollten. Obwohl die Agenda eigentlich seit Jahren auf der Hand liegt, wurde sie erst kürzlich auf eine Presseanfrage hin nun von der Verwaltung zu Papier gebracht. Wir bitten darum, keine weitere Zeit zu versäumen und die Dinge entschieden voranzutreiben.

 

1.)    Der Bau einer Kindertagesstätte an der Ludwigstraße ist für uns als erster Schritt unverzichtbar und so bald wie möglich umzusetzen. Die Vorbereitung eines VgV-Verfahrens befindet sich hoffentlich schon kurz vor dem Abschluss.

2.)    Der nächste unumgängliche Schritt ist für uns dann der Neubau der Kita Kolpingstraße.

3.)    Ist dieser schließlich bezogen, dann wird man ehrlich bilanzieren müssen: Reichen damit die notwendigen Plätze im Regelbetrieb, vor allem aber auch im Krippenbereich, aus? Kann unter diesen Umständen der Standort Lohgraben aufgegeben werden oder ist er, wie auch immer, fortzuentwickeln?

 

Wir halten nichts von Versuchen, die Herausforderung bei der Kinderbetreuung aktuell kleinrechnen zu wollen. Wir sind überzeugt, dass gerade im Krippenbereich der Bedarf noch weiter anwachsen wird. Im Interesse der jungen Familien und letztlich auch des Wirtschaftsstandorts müssen wir uns der Problematik entschieden zuwenden.

 

Zu guter Letzt das Thema Personal:

Die Stadt Marktheidenfeld hat in den letzten Jahren ein gehöriges Anwachsen beim Personal zu verzeichnen. Dies resultiert unter anderem auch aus der Übernahme der Volkshochschule und aus der Schaffung der städtischen Musikschule. Die Aufgaben für unsere Verwaltung und Betriebe sind ohne Zweifel gewachsen. Für die Kernverwaltung im Rathaus sind neue Stellen geschaffen worden, die dort schon den Büroraum knapp werden lassen.

 

Wir werfen an dieser Stelle die Frage auf, ob die neuen Stellen die beabsichtigten Effizienzerfolge erbracht haben. Wir begrüßen daher die Schaffung einer Stelle in der Hauptverwaltung für den Personalbereich ausdrücklich, erwarten aber, dass dies schon bald zu einer Untersuchung unserer Organisationstrukturen in der Verwaltung führen wird. Eines ist uns deutlich, der Weg der Personalmehrung wird in den nächsten Jahren nicht mehr in diesem Umfang beschritten werden können.

 

Es muss aber an dieser Stelle auch erwähnt werden, dass der Bürgermeister in seiner Haushaltsrede die Hoffnung hegte, dass Neuerungen in Bezug auf die ständigen Stellvertretungen in den Kitas zum Tragen kommen und durch die Einrichtung von sogenannten Pufferstellen eine bessere Flexibilität bei der Personalplanung angestrebt ist. Er erwähnte 100 Mitarbeiter*innen, für nach unseren Feststellungen ca. 450 Kinder in fünf Kitas. Trotzdem muss ich die Frage stellen, warum noch immer mit Personalengpässen zu kämpfen ist, die größer sind, als jemals zuvor, und es dadurch gar zu plötzlichen, ganz unvorhersehbaren Schließungen von Einrichtungen kommt. Ich möchte dieses Thema an dieser Stelle nicht vertiefen, sondern bitte darum, geeignete Maßnahmen zu ergreifen und Möglichkeiten auszuloten, dieses Faktum zu verbessern.

 

Zum Ende meiner Rede zum Haushalt 2023 gebe ich zu Bedenken:

Die Aufgaben, die vor uns liegen sind gewaltig, und noch ist die Stadt finanziell gut aufgestellt. Wir werden oftmals von auswärts beneidet, kennt man dort doch nur die Zahlen und nicht unsere Herausforderungen Wir haben den gewissen Pessimismus unserer Kämmerin in Sachen künftiger Steuereinnahmen mittelfristig durchaus zur Kenntnis genommen. Auch dies sehen wir als Verpflichtung, die Erwartungshaltung an die Stadt nicht wie in der Vergangenheit immer höher zu schrauben.

Wir signalisieren, vorbehaltlich akzeptabler Ergebnisse der weiteren Beratung des Haushaltsplans, unsere Zustimmung für das Jahr 2023.

 

Abschließend möchte ich namens meiner Fraktion allen danken, die in unserer Stadt ehrenamtlich für das Gemeinwohl tätig sind. Ebenso unseren Hilfs-und Rettungsdiensten sowie der Polizei, aber auch all den Dienstleistenden in Pflege und Betreuung.

Herzlichen Dank allen Menschen, die sich in sozialen, kulturellen und kirchlichen Bereichen einbringen, sowie in unseren Vereinen mitarbeiten. Dank auch den Mitwirkenden in den Beiräten und Arbeitskreisen.

Einschließen in diesen Dank möchte ich ausdrücklich auch all jene, die unsere Arbeit mit konstruktiver Kritik anregend begleiten. An dieser Stelle auch Dank an die Presse.

 

Und last but not least meinen herzlichsten Dank auch Ihnen, Herr Bürgermeister, und der Verwaltung sowie den Kolleginnen und Kollegen des Stadtrates für die manchmal etwas zähflüssige, aber dennoch durchweg gute Zusammenarbeit.