Beschluss: mehrheitlich beschlossen

Abstimmung: Ja: 17, Nein: 3

(Bei Behandlung des Tagesordnungspunktes sind Dr. Wolfgang Netsch und Thomas Vogel von der städtischen Forstverwaltung anwesend.)

 

Nach der „Bundeswaldprämie 2022“, die flächenbezogen, einmalig und ohne jede Zusatz-verpflichtung für die Waldeigentümer ausgereicht wurde, hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) Ende vergangenen Jahres ein neues Förderprogramm mit dem Titel „Klimaangepasstes Waldmanagement“ (www.klimaanpassung-wald.de) aufgelegt. Die Laufzeit des Programms erstreckt sich auf 20 Jahre. Bereitgestellt werden im Zeitraum 2022 bis 2026 dafür zunächst 900 Millionen €.

 

Ziel des Programms ist es, Waldökosysteme in ihrer Resilienz und Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel zu stärken.

 

Voraussetzung für die Zuwendung ist die nachgewiesene Einhaltung von über gesetzlichen und über derzeit bestehende Zertifizierungen hinausgehenden Kriterien. Dies sind:

 

1.    Künstliche oder natürliche Verjüngung des Vorbestandes mit mindestens fünf oder mindestens siebenjährigem Verjüngungszeitraum vor dessen endgültiger Nutzung

2.    Naturverjüngung mit klimaresistenten, überwiegend standortheimischen Baumarten hat Vorrang

3.    Bei künstlicher Verjüngung sind die Baumartenempfehlungen der zuständigen forstlichen Landesanstalt einzuhalten.

4.    Zulassen der natürlichen Waldentwicklung (Sukzession) bei kleinflächigen Störungen

5.    Erhalt oder, falls erforderlich, Erweiterung der klimaresistenten, standortheimischen Baumartendiversität

6.    Verzicht auf Kahlschläge. Ausnahme sind kalamitätsbedingte Kahlschläge, sofern dabei mindestens zehn Prozent der Derbholzmasse als Totholz auf der Fläche belassen werden.

7.    Anreicherung von stehendem und liegendem Totholz

8.    Kennzeichnung, Kartierung und Erhalt von fünf Habitatbäumen oder Habitatbaumanwärtern pro Hektar innerhalb von zwei Jahren nach Antragstellung

9.    Rückegassenabstand bei Neuanlage mindestens 30 Meter, bei verdichtungsempfindlichen Böden mindestens 40 Meter

10.  Verzicht auf Düngung und Pflanzenschutzmittel

11.  Durchführung von Maßnahmen zur Wasserrückhaltung

12.  Nutzungsverzicht auf fünf Prozent der Waldfläche für 20 Jahre

 

Aus Sicht der städt. Forstverwaltung wäre der überwiegende Teil des Kriterienkatalogs ohne wesentliche Änderung der bisherigen Waldbewirtschaftung erfüllbar. Die Stadt müsste allerdings rund 30 Hektar Waldfläche für 20 Jahre stilllegen (Scheuerberg) und ca. 3.400 Habitatbäume oder Habitatbaumanwärter bezogen auf den gesamten Stadtwald im Zeitraum von zwei Jahren nach Antragstellung dauerhaft markieren. Durch die Verpflichtung zur Erhöhung des Totholzanteils wäre möglicherweise auch die Brennholzabgabe an Selbstwerber eingeschränkt.

 

Der Zuwendungsbetrag für die Stadt würde sich in einer Größenordnung von rund 68.000 € pro Jahr bewegen und sich bei einer Laufzeit des Förderprogramms von 20 Jahren auf insgesamt 1,3 bis 1,4 Millionen € summieren.

 

Im Jahr 2022 gestellte Anträge konnten nur auf De-minimis-Basis bewilligt werden. Für Anträge ab dem Jahr 2023 strebt das BMEL eine beihilferechtliche Freistellung an. Sollte es dazu nicht kommen, bestehen aus Sicht der Kämmerei dennoch keine Probleme, die De-minimis-Obergrenze während der Laufzeit des Programms einzuhalten.

 

Fördermaßnahmen nach dem waldbaulichen Förderprogramm (WALDFÖP), wie z. B. Förderung der Wiederaufforstung, wären mit Ausnahme des Fördertatbestandes „Jungbestandspflege“ weiterhin möglich, eine Förderung naturschutzrelevanter Maßnahmen nach dem Vertragsnaturschutzprogramm Wald (VNP Wald) dagegen nicht mehr.

 

Da der Stadtwald PEFC-zertifiziert ist, wird die Einhaltung der o. g. Kriterien von PEFC kontrolliert.

PEFC erstellt dazu ein „Zusatzmodul“. Dieses Modul ist Leitlinie der künftigen Waldbewirtschaftung und Messlatte für eventuelle Kontrollen. Für die Erstellung des Moduls würden der Stadt Kosten in Höhe von rund 2.000 € entstehen.

 

Nach aktuellem Informationsstand bestehen allerdings bzgl. der Umsetzung des Förderprogramms noch einige Unklarheiten:

 

1.    Das Programm ist gegenwärtig lediglich bis 2026 finanziert. Über eine Anschlussfinanzierung liegen keine Informationen vor.

2.    Die Ausgestaltung des „Fördermoduls“ ist nicht näher erläutert.

3.    Keine gesicherten Informationen liegen auch über Anzahl, Intensität und eventuelle Kosten der vorgesehenen Kontrollen vor. Die Rede ist von einem Audit pro Jahrzehnt.

 

Da das Budget limitiert ist und die Bewilligungen im Windhundverfahren erfolgen, wurde bereits vorsorglich ein Förderantrag gestellt. Sollte der vorgeschlagene Beschlussvorschlag keine Zustimmung finden, wird der Förderantrag zurückgezogen.

 

Dr. Netsch und Herr Vogel stehen für die Rückfragen des Gremiums zur Verfügung. Das Gremium diskutiert den Sachverhalt. Die Voraussetzungen für eine mögliche künftige Förderung durch das vorgestellte Programm und die Unterschiede und Konfliktpunkte zu bereits zugesagten Förderprogrammen werden ausführlich erörtert. Eine mögliche Stilllegung des Waldstücks Scheuerberg wird besprochen. Auf eine mögliche Beeinträchtigung der Brennholz-Bereitstellung für die Marktheidenfelder Bürger wird aufmerksam gemacht.


Beschluss:

 

Die Stadt Marktheidenfeld beteiligt sich am Förderprogramm „Klimaangepasstes Waldmanagement“ des BMEL. Die städtische Forstverwaltung und die Kämmerei werden mit der langfristigen Abwicklung des Förderprogramms beauftragt.