(Bei Behandlung des
Tagesordnungspunktes sind Dr. Wolfgang Netsch und Thomas Vogel von der
städtischen Forstverwaltung anwesend.)
Nach der
„Bundeswaldprämie 2022“, die flächenbezogen, einmalig und ohne jede
Zusatz-verpflichtung für die Waldeigentümer ausgereicht wurde, hat das Bundesministerium
für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) Ende vergangenen Jahres ein neues
Förderprogramm mit dem Titel „Klimaangepasstes Waldmanagement“ (www.klimaanpassung-wald.de)
aufgelegt. Die
Laufzeit des Programms erstreckt sich auf 20 Jahre. Bereitgestellt werden im
Zeitraum 2022 bis 2026 dafür zunächst 900 Millionen €.
Ziel des Programms
ist es, Waldökosysteme in ihrer Resilienz und Anpassungsfähigkeit an den
Klimawandel zu stärken.
Voraussetzung für
die Zuwendung ist die nachgewiesene Einhaltung von über gesetzlichen und über
derzeit bestehende Zertifizierungen hinausgehenden Kriterien. Dies sind:
1.
Künstliche
oder natürliche Verjüngung des Vorbestandes mit mindestens fünf oder mindestens
siebenjährigem Verjüngungszeitraum vor dessen endgültiger Nutzung
2.
Naturverjüngung
mit klimaresistenten, überwiegend standortheimischen Baumarten hat Vorrang
3.
Bei
künstlicher Verjüngung sind die Baumartenempfehlungen der zuständigen forstlichen
Landesanstalt einzuhalten.
4.
Zulassen
der natürlichen Waldentwicklung (Sukzession) bei kleinflächigen Störungen
5.
Erhalt
oder, falls erforderlich, Erweiterung der klimaresistenten, standortheimischen
Baumartendiversität
6.
Verzicht
auf Kahlschläge. Ausnahme sind kalamitätsbedingte Kahlschläge, sofern dabei
mindestens zehn Prozent der Derbholzmasse als Totholz auf der Fläche belassen
werden.
7.
Anreicherung
von stehendem und liegendem Totholz
8.
Kennzeichnung,
Kartierung und Erhalt von fünf Habitatbäumen oder Habitatbaumanwärtern pro
Hektar innerhalb von zwei Jahren nach Antragstellung
9.
Rückegassenabstand
bei Neuanlage mindestens 30 Meter, bei verdichtungsempfindlichen Böden
mindestens 40 Meter
10.
Verzicht
auf Düngung und Pflanzenschutzmittel
11.
Durchführung
von Maßnahmen zur Wasserrückhaltung
12.
Nutzungsverzicht
auf fünf Prozent der Waldfläche für 20 Jahre
Aus Sicht der städt.
Forstverwaltung wäre der überwiegende Teil des Kriterienkatalogs ohne
wesentliche Änderung der bisherigen Waldbewirtschaftung erfüllbar. Die Stadt
müsste allerdings rund 30 Hektar Waldfläche für 20 Jahre stilllegen
(Scheuerberg) und ca. 3.400 Habitatbäume oder Habitatbaumanwärter bezogen auf
den gesamten Stadtwald im Zeitraum von zwei Jahren nach Antragstellung
dauerhaft markieren. Durch die Verpflichtung zur Erhöhung des Totholzanteils
wäre möglicherweise auch die Brennholzabgabe an Selbstwerber eingeschränkt.
Der Zuwendungsbetrag
für die Stadt würde sich in einer Größenordnung von rund 68.000 € pro Jahr
bewegen und sich bei einer Laufzeit des Förderprogramms von 20 Jahren auf
insgesamt 1,3 bis 1,4 Millionen € summieren.
Im Jahr 2022
gestellte Anträge konnten nur auf De-minimis-Basis bewilligt werden. Für
Anträge ab dem Jahr 2023 strebt das BMEL eine beihilferechtliche Freistellung an. Sollte es dazu
nicht kommen, bestehen aus Sicht der Kämmerei dennoch keine Probleme, die
De-minimis-Obergrenze während der Laufzeit des Programms einzuhalten.
Fördermaßnahmen nach
dem waldbaulichen Förderprogramm (WALDFÖP), wie z. B. Förderung der
Wiederaufforstung, wären mit Ausnahme des Fördertatbestandes
„Jungbestandspflege“ weiterhin möglich, eine Förderung naturschutzrelevanter
Maßnahmen nach dem Vertragsnaturschutzprogramm Wald (VNP Wald) dagegen nicht
mehr.
Da der Stadtwald
PEFC-zertifiziert ist, wird die Einhaltung der o. g. Kriterien von PEFC
kontrolliert.
PEFC erstellt dazu
ein „Zusatzmodul“. Dieses Modul ist Leitlinie der künftigen Waldbewirtschaftung
und Messlatte für eventuelle Kontrollen. Für die Erstellung des Moduls würden
der Stadt Kosten in Höhe von rund 2.000 € entstehen.
Nach aktuellem
Informationsstand bestehen allerdings bzgl. der Umsetzung des Förderprogramms
noch einige Unklarheiten:
1.
Das
Programm ist gegenwärtig lediglich bis 2026 finanziert. Über eine
Anschlussfinanzierung liegen keine Informationen vor.
2.
Die
Ausgestaltung des „Fördermoduls“ ist nicht näher erläutert.
3.
Keine
gesicherten Informationen liegen auch über Anzahl, Intensität und eventuelle
Kosten der vorgesehenen Kontrollen vor. Die Rede ist von einem Audit pro
Jahrzehnt.
Da das Budget
limitiert ist und die Bewilligungen im Windhundverfahren erfolgen, wurde
bereits vorsorglich ein Förderantrag gestellt. Sollte der vorgeschlagene
Beschlussvorschlag keine Zustimmung finden, wird der Förderantrag
zurückgezogen.
Dr. Netsch und Herr Vogel stehen für die Rückfragen des Gremiums zur Verfügung. Das Gremium diskutiert den Sachverhalt. Die Voraussetzungen für eine mögliche künftige Förderung durch das vorgestellte Programm und die Unterschiede und Konfliktpunkte zu bereits zugesagten Förderprogrammen werden ausführlich erörtert. Eine mögliche Stilllegung des Waldstücks Scheuerberg wird besprochen. Auf eine mögliche Beeinträchtigung der Brennholz-Bereitstellung für die Marktheidenfelder Bürger wird aufmerksam gemacht.
Beschluss:
Die Stadt
Marktheidenfeld beteiligt sich am Förderprogramm „Klimaangepasstes Waldmanagement“
des BMEL. Die städtische Forstverwaltung und die Kämmerei werden mit der
langfristigen Abwicklung des Förderprogramms beauftragt.