Sitzung: 27.10.2022 Stadtrat
Die Verwaltung
informiert zu dem Thema „Möglichkeit der Ausübung des gesetzlichen
Vorkaufsrechts“ für Grundstücksverkäufe im Sanierungsgebiet und einer möglichen
Vorgehensweise.
Hier ein
Textauszug aus § 24 BauGB (Allgemeines Vorkaufsrecht), zu dem Thema
Sanierungsgebiet:
„(1) Gemäß § 24 BauGB steht der Gemeinde ein
Vorkaufsrecht zu beim Verkauf von Grundstücken
3. in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet und städtebaulichen
Entwicklungsbereich.
(2) Das Vorkaufsrecht steht der Gemeinde
nicht zu beim Kauf von Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz und von
Erbbaurechten.
(3) Das Vorkaufsrecht darf nur ausgeübt
werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt. Dem Wohl der
Allgemeinheit kann insbesondere die Deckung des Wohnbedarfs in der Gemeinde
dienen. Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts hat die Gemeinde den
Verwendungszweck des Grundstücks anzugeben.“
Demnach kann die
Stadt das Vorkaufsrecht an einem Grundstück im Sanierungsgebiet nur ausüben,
wenn
·
das Wohl der Allgemeinheit die Ausübung
rechtfertigt (das Vorkaufsrecht muss durch öffentliches Interesse begründet
sein)
und
·
es für den Verwendungszweck des Grundstücks bereits
Vorplanungen/ein Planungskonzept gibt.
Erste
Voraussetzung ist selbstverständlich, dass bereits ein rechtswirksamer Verkauf
des Grundstücks stattgefunden hat (der notarielle Kaufvertrag zwischen
Verkäufer und Käufer ist bereits beurkundet). Die Frist zur Ausübung beträgt drei
Monate nach Mitteilung des Kaufvertrags an die Stadt.
Aktuell ist es für
die Stadt bei Verkäufen von Grundstücken im Sanierungsgebiet nicht möglich, das
Vorkaufsrecht auszuüben, da keine Vorplanungen oder Verwendungskonzepte für
bestimmte Grundstücke oder Grundstücksareale vorliegen.
Es wäre z. B.
denkbar, für bestimmte Bereiche oder einzelne Grundstücke im Sanierungsgebiet
ein konkretes Verwendungskonzept mit Vorplanung aufzustellen. Denkbar wäre dies
sicher z. B. für Grundstücke im Umgriff des Museums Franck-Haus, im Bereich um
die Kirche St. Laurentius, um die Bibliothek, am Marktplatz usw.
Wenn für diese
Bereiche oder einzelne Grundstücke konkrete Konzepte für eine künftige
öffentliche Nutzung zum Wohl der Allgemeinheit vorliegen würden, wäre zumindest
die Möglichkeit auf rechtlich wirksame Ausübung des gesetzlichen
Vorkaufsrechtes gegeben. Ob die Ausübung dann rechtlich und vor Gericht
endgültig halten würde, kann nicht vorausgesehen werden. Leider gibt es einige
Beispiele, bei denen Gerichte zugunsten der
Grundstückseigentümer/Grundstückskäufer entschieden haben und die Ausübung des
Vorkaufsrechtes durch die Gemeinde gerichtlich gekippt wurde.
Auch die Idee
mehrere ältere Gebäude im Sanierungsgebiet zu kaufen, um diese dann gemeinsam
einer neuen Nutzung (z. B. Wohnnutzung) zuführen zu wollen, erfüllt die nicht
erforderlichen Voraussetzung für die Ausübung des Vorkaufsrechtes. Eine
„Grundstücksbevorratung“ durch die Stadt ist beispielsweise kein ausreichender
Grund für eine Vorkaufsrechtsausübung. Auch hierfür müssten weitere konkrete
Planungsideen erarbeitet werden.
Nach Auskunft der
Sanierungsbeauftragten Sylvia Haines kann von ihr ein solches
Verwendungskonzept im Rahmen der derzeitigen Beauftragung nicht erstellt
werden. Die vorliegenden ersten Planungsideen innerhalb des Integrierten
Nachhaltigen Städtebaulichen Entwicklungskonzepts (INSEK) wären für die
Ausübung eines Vorkaufsrechtes auch sicher rechtlich nicht ausreichend, weil
noch nicht konkreter beplant.
Um einen Planer zu
beauftragen könnte eine Ausschreibung vorgenommen und mehrere Angebote von
Planern eingeholt werden.
Sollte dann ein
Planungskonzept – das gemeinsam mit dem Stadtrat entwickelt werden könnte – vorliegen,
ist es dann im nächsten Schritt auch erforderlich, dass jährlich im städtischen
Haushalt ein ausreichend hoher Betrag vorgesehen ist, um Grundstückskäufe im
Sanierungsgebiet nach der rechtswirksamen Ausübung des Vorkaufsrechtes tätigen
zu können.
Nach der rechtlich
wirksamen Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts durch die Stadt würde die
Stadt anstelle des Käufers in den bereits beurkundeten Kaufvertrag eintreten.
Wenn seitens des
Stadtrats gewünscht ist, zur Aufstellung des erforderlichen Planungskonzepts
ein Planungsbüro zu beauftragen, müssten dafür ausreichend Mittel im Haushalt
eingestellt werden.