Der Erste Bürgermeister Thomas Stamm nimmt in seiner Haushaltsrede Stellung zum Haushaltsentwurf für das Jahr 2022 wie folgt:

 

„Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Stadtrats,

Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger,

Sehr geehrte Vertreter der Verwaltung, Kämmerin Frau Herrmann

Sehr geehrte Pressevertreter,

 

mit dem vorliegenden Haushaltsentwurf für das Haushaltsjahr 2022 liegt Ihnen der von der Verwaltung erarbeitete Finanzplan für das Jahr 2022 und folgende vor. Mit den geplanten Einnahmen und Ausgaben der einzelnen Sachgebiete schlagen wir dem Stadtrat vor, die Grundlagen für die tägliche Arbeit im nächsten Jahr zu schaffen und die Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen.

 

Die Beschäftigten im Rathaus und den Außenstellen haben ihre Vorstellungen eingebracht und die Kämmerin hat diese zusammengeführt und in den Haushaltsentwurf eingearbeitet. Dieser Haushaltsentwurf wurde von der Kämmerin der Stadt Marktheidenfeld Frau Herrmann am 09.11.2021 dem Finanzausschuss vorgestellt und anschließend in den Fraktionen beraten. Der zum Haushalt gehörende Stellenplan für das Jahr 2022 wurde mit dem Personalausschuss vorberaten und wird in der nichtöffentlichen Stadtratssitzung am 25.11.2021 beraten, Änderungen eingearbeitet und als Anlage zum Haushalt 2022 beschlossen.

 

Im Gegensatz zum Beschluss des Haushalts für das Jahr 2021, den wir aufgrund der finanziellen Unsicherheiten und aufgrund der ungeklärten Situation des Wonnemar erst am 25.02.2022 gefasst haben, wollen wir diesen Haushalt wieder wie gewohnt im laufenden Haushaltsjahr für das kommende Jahr beraten und noch in diesem Jahr verabschieden.

 

Heute hören wir anschließend noch die Stellungnahmen der fünf im Stadtrat vertretenen Fraktionen. Über Änderungsanträge der Fraktionen zum vorliegenden Haushaltsentwurf ist am 09.12.2021 abzustimmen und den notwendigen Satzungsbeschluss möchten wir gerne am 16.12.2021 fassen. Somit entfällt, wie in zu Beginn dieses Jahres eine „haushaltslose“ Zeit und die damit verbundene Unsicherheit im Verwaltungsablauf und entsprechende Mehrarbeit.

 

Sicherlich hat sich niemand gedacht, dass wir das gesamte Jahr 2021 noch mit und unter den Folgen der Corona-Pandemie leiden. Wir tragen noch immer Masken und ein Ende der Pandemie ist leider nicht in Sicht.

 

Vorweg zum Wonnemar. Nachdem der Rechtsstreit noch nicht geklärt ist, hat die Verwaltung entschieden, die finanziellen Auswirkungen zum Wonnemar im Haushalt 2022 nicht zu berücksichtigen. Ein seriöser Haushaltsansatz ist aus unserer Sicht nicht möglich. Wir befinden uns derzeit im Schiedsgerichtsverfahren. Die Schiedsklage wurde inzwischen eingereicht und die Entscheidung des Schiedsgerichts steht noch aus. Die Entscheidung wird sicher eine wie auch immer geartete Auswirkung auf die Finanzen der Stadt Marktheidenfeld haben. Bei Bedarf ist ein Nachtragshaushalt aufzustellen und vom Stadtrat zu beschließen.

 

Welchen weiteren Aufgabenbereich die von uns gegründete Marktheidenfelder Bäder GmbH letztlich haben wird, ist ebenfalls erst nach einem Urteil des Schiedsgerichts zu ermessen. Unser klares Ansinnen ist die Rückführung des Bades in die kommunale Hand und ein Weiterbetrieb mit deutlicher Einflussnahme der Stadt Marktheidenfeld. Unsere wichtigste Aufgabe ist die Sicherstellung des Schwimmens für die Bürgerinnen und Bürger aller Altersklassen, besonders das Schul- und Vereinsschwimmen.

 

Das gesamte Volumen des Haushaltsentwurfs 2022 lässt, wie dem Pressebericht zum Finanzausschuss zu entnehmen war von einem sog. „Rekordvolumen“ sprechen. Zugegeben die enorme Summe des von der Kämmerin vorgestellten Haushaltsvolumens in Höhe von 99,37 Mio. € lässt das vermuten.

 

Mit zwei Zahlen lässt sich dies jedoch relativieren und letztlich auf ein „Normalniveau“ herunterbrechen. Das ist mir besonders in der Außendarstellung wichtig.

 

Zum einen ist die Kreisumlage in Höhe von 23,2 Mio. € im Jahr 2022 zu leisten. Diese resultiert aus der einmaligen Gewerbesteuersonderzahlung im Jahr 2020. Und natürlich die im Jahr 2021 nicht realisierten Ausgaben für Baumaßnahmen in einer Größenordnung von ca. 20 Mio. €. Die beiden Beträge abgezogen, bewegen wir uns auf einem für die Stadt Marktheidenfeld normalen Haushaltsvolumen zwischen 60 und 70 Mio. €.

 

In meiner Haushaltsrede zum Haushalt 2021 am 26.01.2021 habe ich um den vorsichtigen und umsichtigen Umgang mit den städtischen Finanzen gebeten und aufgrund der langfristig schwierige Finanzlage der Stadt einen sorgsamen Umgang angemahnt. Das kann ich eigentlich für den vorliegenden Haushalt und die langfristige Finanzplanung nur wiederholen.

 

Mit der vorgelegten langfristigen Finanzplanung werden unsere Rücklagen in den nächsten Jahren kontinuierlich abgebaut und gänzlich aufgebraucht. Wir werden für die Realisierung der vielen geplanten Maßnahmen und Bauprojekte entsprechende Kredite aufnehmen müssen.

 

Bei den Einnahmen planen wir auf der Grundlage der uns bisher vorliegenden Zahlen aus der Gewerbesteuer und den uns zustehenden Anteilen an der Einkommen- und Umsatzsteuer. Erfreulich ist, dass die Marktheidenfelder Gewerbetreibenden, die unseren Wirtschaftsstandort prägen, offensichtlich weitgehend gut durch die Corona Krise gekommen sind. Ihrem unternehmerischen Engagement ist es zu verdanken, dass hier Arbeitsplätze in großer Anzahl zur Verfügung stehen und wir als Stadt entsprechende Einnahmen verzeichnen können. Die aktuellen Zahlungen für Gewerbe- und Einkommensteuer bestätigen uns das. Letztlich werden wir natürlich erst nach den jeweiligen Jahresabschlüssen Sicherheit haben, ob uns die Einnahmen tatsächlich zustehen.

 

Unser Schwerpunkt im Bereich der neuen Investitionen für das kommende Jahr stellt weitgehend und überwiegend eine Konzentration auf die in der Bayerischen Verfassung und Gemeindeordnung festgelegten Pflichtaufgaben dar. Besonders bei der langfristigen Planung der Baumaßnahmen wird deutlich, dass wir uns auf die dringend notwendigen Sanierungen unserer Ortsstraßen und die damit zusammenhängenden Infrastrukturbelange der Kanalerneuerung und des Wasserleitungsnetzes konzentrieren.

 

Hinzu kommen aufwändige Maßnahmen, die unsere eigene Wasserversorgung betreffen. Die Sicherung und Erweiterung unserer städtischen Brunnen ist eine der größten Zukunftsaufgaben. Mit der Grundlagenermittlung ist begonnen, jetzt muss mit Nachdruck die Umsetzung mit den entsprechenden Bau- und Investitionsmaßnahmen erfolgen.

 

Die weitere Planung und Umsetzung der Erweiterung der Friedrich-Fleischmann-Grundschule und die Planung von zwei Kindertagesstätten werden uns im kommenden und in den folgenden Jahren beschäftigen. Zudem wird die Planung für die Sanierung der Mittelschule weitergeführt, auch diese Baumaßnahme betrifft die Finanzen der Stadt Marktheidenfeld über die prozentuale Beteiligung am Schulverband.

 

Insgesamt schaffen wir mit diesen vier Großprojekten die Grundlagen für die Betreuung und Unterbringung unserer Kinder und Jugendlichen.

 

Wir erfüllen damit im Bereich der Kitas und der Schulen den Auftrag, der uns vom Gesetzgeber vorgegeben wird. Allerdings bringt uns der Beschluss des Bundestags zum Anspruch auf Ganztagsbetreuung in den Grundschulen ab dem 01.01.2026 in weiteren Zugzwang. Die bisherige Planung der Friedrich-Fleischmann-Grundschule muss weiterentwickelt werden und die neuen Vorgaben müssen im Raumprogramm ihren Niederschlag finden. Entsprechende Förderprogramme für die Investitionen, die personelle Ausstattung und den laufenden Betrieb müssen dringend aufgelegt werden.  

 

Die zu erwartende Bezuschussung deckt allerdings lange nicht den tatsächlichen Finanzbedarf für die geplanten Maßnahmen. Besonders der Anspruch auf einen Ganztagsgrundschulplatz bis zum Jahr 2029 erfordert einen deutlichen Mehrbedarf in unseren Bildungseinrichtungen wie bisher geplant.

 

Nach Abschluss der Großprojekte Feuerwache, Bürgerhaus Glasofen und Gewerbepark Söllershöhe im Jahr 2021 steht in 2022 die Fertigstellung des geförderten Wohnbaus, der Säule II am Südring mit 24 Wohnungen und der Wohngemeinschaft für die Menschen mit Handicap, als größte und finanzintensivste Maßnahme an. Gerade Wohnraum für sozial schwächere Menschen zu schaffen, ist uns als Stadt Marktheidenfeld ein Anliegen und Verpflichtung. Mit diesem Vorzeigeobjekt wollen wir ein Zeichen für den inklusiven Gedanken im Wohnungsbau setzen.

 

Im Stadtteil Michelrieth wird das Bürgerhaus mit Pfarramt fertig gestellt. Diese Maßnahme wird durch das das Amt für ländliche Entwicklung geförderte und ist Teil unseres Gemeindeentwicklungskonzepts (GEK). Allerdings bleibt nach der Förderung immer noch ein beachtlicher Anteil an den Gesamtkosten für die Stadt Marktheidenfeld.

 

Mit der Entwicklung von Wohnbau und bezahlbaren Baugrund soll in den Stadtteilen Altfeld und Marienbrunn Wohnraum geschaffen werden. Besonders für junge Familien hoffen wir entsprechende Möglichkeiten zu anbieten zu können.

Weitere Möglichkeiten ergeben sich durch einen privaten Investor, der das Gelände der ehemaligen Ziegelei zum Wohnquartier entwickelt.  

 

Dennoch erfordert die Wohnraumentwicklung insgesamt weiterhin unser Augenmerk. Die Themen Flächenverbrauch, Innenentwicklung und Wohnraumentwicklung durch Innenverdichtung beschäftigen den Stadtrat dauerhaft. Mit einem Konzept, das möglichst vielen Interessen Rechnung trägt, gilt es zum einen die staatlichen Empfehlungen, unsere individuellen Vorstellungen und die künftige Entwicklung unseres Gewerbeparks Söllershöhe in Einklang zu bringen.

 

Sicherlich werden wir mit Einnahmen aus Grundstücksverkäufen in diesem Gewerbepark auch wieder Einnahmen für unsere Stadtkasse generieren. Allerdings wählen wir die vielen Anfragen von Interessenten durchaus mit Bedacht und Weitblick aus.

 

Ebenfalls mit Bedacht und Weitblick gilt es die Innenstadt weiter zu entwickeln. Mit den im Jahr 2021 neu aufgelegten Förderprogrammen zur Belebung unserer Innenstädte nach der Corona-Pandemie gilt es diese Ideen und Projekte umzusetzen. Hierbei sind die entsprechenden Vorgaben der Städtebauförderung zu beachten. Mit der Fortschreibung des INSEK = Integriertes, nachhaltiges Städtebauliches Entwicklungskonzept werden die Grundsteine für die zukünftigen Entwicklungen in der Innenstadt und an unserem Mainufer gelegt.

Zur Entwicklung der Innenstadt gehört ebenfalls die Umgestaltung des Udo-Lermann-Areals – ein prägendes Bauprojekt eines privaten Investors für die nächsten Jahre.

 

Zwei wichtige Themen der Kreispolitik werden uns sicher im Haushaltsjahr 2022 beschäftigen. Zum einen obliegt es dem Landkreis, die Planungen für den Neubau der Main-Spessart-Halle und der weiterführenden Schulen zu forcieren. Und natürlich gilt es die Gesundheitsversorgung und besonders die Nachnutzung des Krankenhausstandortes Marktheidenfeld voranzutreiben. Die Marktheidenfelder Bürgerinnen und Bürger und das Umland haben in beiden Themen eine hohe Erwartungshaltung an die verantwortlichen Mandatsträger und erwarten endlich belastbare Ergebnisse.

 

Natürlich finden sich im vorliegenden Haushaltsentwurf ein großer Ausgabeposten – die Personalkosten!

Nicht vermeidbare Erhöhungen sind natürlich die tariflichen Anpassungen und entsprechenden Höhergruppierungen. Auswirkungen auf die Personalkosten haben allerdings auch die notwendigen Folgekosten unserer Bauprojekte. Technische Betreuung und laufende Unterhaltsmaßnahmen erfordern weitere Kapazitäten. Eine weitere Personalmehrung bedingt die zum 01.01.2022 beschlossene Übernahme der Volkshochschule mit dem bestehenden Personal. Durch die Neukonzeption unseres Musikinstituts und der angestrebten Umwandlung in eine Musikschule werden weitere Planstellen notwendig.

 

Zudem nehmen Umweltbelange einen immer größeren Stellenwert in unserem städtischen Verantwortungsbereich und in der Stadtentwicklung ein. Die Verwaltung wurde beauftragt, ein Anforderungsprofil für einen hauptamtlichen Umweltbeauftragten zu erstellen. Wir wollen uns in diesem Bereich deutlich besser aufstellen und unseren Beitrag für eine ökologische und zukunftsweisende Entwicklung der Stadt Marktheidenfeld leisten.

 

Die Digitalisierung im Rathaus schreitet voran, personell wurde die EDV-Abteilung verstärkt und übernimmt die Funktion des Digitallotsen. Weitere Schritte zur Optimierung von verwaltungsinternen Abläufen sind vorgesehen.

 

In meiner letzten Haushaltsrede habe ich die Notwendigkeit zur Einrichtung einer Stabsstelle angesprochen. Ab Mitte des Jahres 2022 wollen wir diese neue Stelle intern besetzen. Ebenfalls geplant wurde eine Zusammenlegung der Verwaltung unserer Schulen und Kindertagesstätten. Ab 2022 werden die Verwaltungen der Grund- und Mittelschule zusammengeführt. Die Verwaltung der Kindertagestätten bleibt somit eigenständig.

 

Zusammenfassend liegt uns ein durchaus anspruchsvoller und interessanter Aufgabenkatalog vor, die Umsetzung und die Entscheidungen werden uns als Stadtrat sicher wieder umfassend beschäftigen. Ich freue mich auf diese Aufgabe zum Wohle der Stadt Marktheidenfeld und Ihrer Bürgerinnen und Bürger. 

 

Danken möchte ich Ihnen den Stadträtinnen und Stadträten für die sehr konstruktive und angenehme Zusammenarbeit des letzten Jahres.

Ein besonderes Dankeschön gilt unserer Stadtkämmerin Frau Herrmann, die in einer äußerst souveränen Arbeit die Finanzen lenkt und zudem noch mit der Aufgabe unseres Wonnemar betraut ist.

Dem Geschäftsleitenden Beamten Herrn Hanakam für die stets enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Natürlich gilt an dieser Stelle ebenfalls ein herzliches Dankeschön an alle Beschäftigten des Rathauses, den Außenstellen Wasserwerk, Kläranlage und Bauhof und unseren vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Kindertagesstätten.

Einen ganz besonderen Dank möchte ich unseren Hilfsorganisationen Feuerwehr, BRK und THW und allen ehrenamtlich Tätigen in unseren Vereinen und kirchlichen Organisationen aussprechen.

 

An dieser Stelle auch ein großes Kompliment und herzlichen Dank an unsere beiden lokalen Tageszeitungen Main-Post und Main Echo für die immer faire und objektive Berichterstattung der Stadtratspolitik und der städtischen Ereignisse.“