Beschluss: einstimmig abgelehnt

Abstimmung: Ja: 0, Nein: 20

Am 17.03.2021 ging ein Bürgerantrag bei der Stadt gem. Art. 18 b GO ein, in welchem die Aufhebung des Bebauungsplanes „Birken III“ (WA) gefordert wird. Aufgrund eines Formfehlers wurde der Bürgerantrag in eine allgemeine Eingabe (Petition) gem. Art. 56 Abs. 3 GO umgedeutet.

 

Begründet wurde der Aufhebungsantrag wie folgt:

 

1.    Der Bebauungsplan ist über 30 Jahre alt.

2.    Der Bebauungsplan ist nicht mehr zeitgemäß.

3.    Das Baugebiet ist zu mehr als 90% bebaut.

4.    Die Funktion des Bebauungsplans ist nicht mehr gegeben.

5.    Bei Garagen bzw. Unterstellhallen wird in einer großen Anzahl vom Bebauungsplan abgewichen.

6.    Das Rahmengrün wird größtenteils nicht eingehalten.

7.    Willkürgebot

 

Zu 1.

Es ist durchaus korrekt, dass der Bebauungsplan zuletzt im Jahr 1990 geändert wurde. Allerdings lässt sich die Funktionalität eines Bebauungsplanes nicht an seinem Alter alleine messen, da es durchaus keine Seltenheit ist, dass Bebauungspläne weit älter und immer noch in Kraft sind (siehe Stadt München).

 

Zu 2.

Ein nicht mehr als zeitgemäß angesehener Bebauungsplan ist nicht allein deshalb aufzuheben, weil einzelne Festsetzungen, wie beispielweise die Beschränkung eines Kniestocks oder die Festsetzung von Dachformen, eine moderne Bauweise nur erschwert ermöglichen. Ein nicht mehr zeitgemäßer Bebauungsplan kann bei Bedarf an die städtebauliche Entwicklung und moderne Architektur angepasst werden.

 

Zu 3.

Die Tatsache, dass ein Baugebiet bis zu 90 % bebaut ist, führt nicht zur Funktionslosigkeit eines Bebauungsplanes, da auch Gebäudesanierungen, Umbauten etc. in einem Baugebiet weiter an die Vorgaben des Bebauungsplanes gebunden sind. Somit wird dem städtebaulichen Gedanken auch weiter Rechnung getragen, der bei Aufstellung des Bebauungsplanes Ziel war.

 

Weiterhin läuft man bei einer Aufhebung des Bebauungsplanes grundsätzlich Gefahr, dass unbebauten Grundstücken, die am Rand des Baugebiets bzw. des Geltungsbereiches des Bebauungsplanes liegen, das Baurecht wieder entzogen wird und diese künftig als Außenbereichsgrundstücke gem. § 35 BauGB bauplanungsrechtlich zu beurteilen sind. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass dies für die Eigentümer ein Eingriff in das Eigentum und eine Entwertung des Grundstücks zur Folge hätte, was wiederum Entschädigungsansprüche nach sich ziehen könnte.

 

Darüber hinaus weist das Landratsamt Main-Spessart explizit auf die durch eine Aufhebung entstehende Schallschutzproblematik zwischen dem Gewerbegebiet auf dem Dillberg und dem dann faktischen allgemeinen Wohngebiet „Birken III“ wie folgt hin:

 

·         Erweiterungs- bzw. Änderungsanträge der Gewerbebetriebe werden nach den aktuellen, erheblich strengeren Immissionsschutzvorgaben geprüft.

·         Insbesondere die bestehenden Gewerbebetriebe Warema, P & G, Fa. Schleunung, Fertig-Motors, Fiebig & Schillings etc. haben mit erheblichen Einschränkungen zu rechnen.

·         Im faktischen Baugebiet „Birken III“ keine „Genehmigungen“ mehr im Freistellungsverfahren möglich, d. h. keine Kosten- und Zeitersparnisse für Bauantragsteller.

·         Nachdem Bauanträge nicht mehr im Freistellungsverfahren behandelt werden können, erfolgt auch hier die immissionsschutzrechtliche Prüfung nach den aktuellen, erheblich strengeren Vorgaben

·         Ausnahmegenehmigungen z. B. gem. § 23 Abs. 5 BauNVO für Nebenanlagen außerhalb der Baugrenze sind dann nicht mehr möglich, da diese Flächen nach Aufhebung dem Außenbereich zuzuordnen sind.

·         Ebenso sind die rückwärtigen Grundstücksteilbereiche in den Randbereichen des Baugebiets dann teilweise auch dem Außenbereich zuzuordnen.

 

Zu 4.

Die Funktion des Bebauungsplanes ist nicht zuletzt allein durch das einst entwickelte städtebauliche Konzept gegeben. Neue Dach- bzw. Hausformen können durchaus auch durch eine Überarbeitung des Bebauungsplanes erreicht werden, ohne die komplette städtebauliche Gestaltung und Höheneinstellung des Baugebietes infrage zu stellen.

 

Zu 5.

Hierzu ist anzumerken, dass der Großteil der angeführten Garagen, Carports und Unterstellhallen widerrechtlich, sprich ohne Genehmigung entstanden ist. Somit sind die Abweichungen nicht auf eine zum Bebauungsplan widersprüchliche Genehmigungsweise zurückzuführen, sondern durch Schwarzbauten entstanden. Nachdem diese Vorgänge aber auch an die Baugenehmigungsbehörde weitergeleitet wurden, wird eine Überprüfung der genannten Bauten erfolgen und eine entsprechende Bauantragsstellung oder der Rückbau gefordert werden.

 

Zu 6.

Siehe unter Punkt 5

Der Großteil der baulichen Anlagen im Rahmengrün ist in nicht genehmigter Weise entstanden und kann somit nicht der Stadt Marktheidenfeld angelastet werden.

 

Zu 7.

Nachdem keine übermäßige Anzahl an Befreiungen bezüglich der aufgeführten Garagen, Unterstellhallen etc. erteilt wurden, ist der Vorwurf der Willkür nicht als gegeben anzusehen. Es wurde stets auf das Wohl der Allgemeinheit, die städtebauliche Vertretbarkeit, die Würdigung nachbarlicher Interessen und die Vereinbarkeit mit öffentlichen Belangen Rücksicht genommen und eine entsprechende Ermessensentscheidung getroffen.

 

 

Von Seiten der Verwaltung kann eine Aufhebung des Bebauungsplans, insbesondere aufgrund der Immissionsschutzproblematik für die bestehenden Gewerbebetriebe auf dem Dillberg (Warema, P & G, Fa. Schleunung, Fiebig & Schilling, Fertig-Motors etc.) keinesfalls empfohlen werden. Auch eine Änderung wird nicht für notwendig erachtet.

Sollte der Stadtrat allerdings die Auffassung vertreten, dass im Baugebiet Birken III eine modernere, dem aktuellen Zeitgeist entsprechende Architektur zugelassen werden soll, wird eine Überarbeitung bzw. eine Änderung aus den oben angeführten Gründen als das zweckmäßigere Mittel angesehen.

 

Stadtrat Harth und Fraktionsvorsitzender Richter begründen kurz ihre Ablehnung des Beschlussvorschlags.


Beschluss:

 

1.    Einer Aufhebung des Bebauungsplanes „Birken III“ wird zugestimmt.

2.    Die Verwaltung wird beauftragt, das Aufhebungsverfahren durchzuführen.